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1. Deutsche und brandenburgisch-preußische Geschichte von 1648 bis 1815 - S. 110

1910 - Breslau : Dülfer
Ho Vom Großen Kurfürsten bis zum Tode Friedrichs des Großen. а. Die leidenschaftliche Sorge, die Friedrich Wilhelm I. der Aus- bildung des preußischen Heerwesens zuwandte, stand durchaus im Dienste der aufsteigenden Entwicklung des preußischen Staates. Der König war davon überzeugt, daß sein Staat in Europa nur so viel Geltung haben würde, als ihm das Heer, das er ins Feld stelle, verschaffen könne. Unbeirrt durch die spöttische Verwunderung der Mitwelt, die sich an dem soldatischen Eifer des Preußenkönigs belustigte, stellte Friedrich Wilhelm daher die Sorge für die Armee in den Mittelpunkt seiner gesamten inner- politischen Tätigkeit. Armeebildung war ihm gleichbedeutend mit Staatenbildung. 1). Mit Staunen und Besorgnis sah die Staatenwelt Europas, wie der rastlose Eifer des Königs die Stärke des preußischen Heeres in einer Weise erhöhte, die in gar keinem Verhältnis zur Größe und Einwohnerzahl des Staates stand. Dem Umfange nach nahm die auf 83 000 Mann vermehrte preußische Armee die vierte Stelle unter den Kriegsmächten Europas ein, während Preußen seiner Größe nach an zehnter, der Seelenzahl nach sogar -erst an dreizehnter Stelle stand. б. Der Qualität nach standen die preußischen Truppen allen andern voran, so daß die preußische Heereseinrichtung nach ihrer glänzenden Bewährung in den Kriegen Friedrichs des Großen von den meisten europäischen Staaten ebenso eifrig nachgeahmt wurde, als sie zu Lebzeiten ihres Begründers bespöttelt worden war. a. Die Rekrutierung geschah anfänglich — mit Rücksicht auf den starken Bedarf — fast ausschließlich durch Werbung im Auslande. Da aber cmf diese Weise dem Staate ungeheure Summen verloren gingen und unauf- hörliche Streitigkeiten mit dem Auslande entstanden, führte der König 1733 durch das sogenannte Kantonreglement eine Art zwangsweise Werbung im Jnlande ein. Jedes Regiment erhielt einen Bezirk (Kanton) zur Rekrutierung angewiesen (ein Infanterieregiment 3000, ein Kavallerieregiment 1800 Feuer- stellen). Die wehrfähigen jungen Leute der einzelnen Kantone wurden iip eine Stammrolle eingetragen und jährlich in bestimmter Anzahl zum Regiment ein- gezogen; viele wurden nach beendigter militärischer Ausbildung in die Heimat beurlaubt, ohne damit aber aus dem Heere auszuscheiden (Kantonisten). Das Kantonreglement enthielt die Grundzüge der allgemeinen Wehr- pflicht, ohne dieses Prinzip jedoch streng durchzuführen, denn die sogenannten besseren Stände (Adel, Beamte, Gewerbetreibende) waren von der Dienstpflicht befreit. ß. Ausrüstung und Verpflegung der Truppen waren muster- gültig. Der König hielt streng darauf, daß seine Soldaten sauber gekleidet einhergingen und keinen Mangel litten. Väterliche Fürsorge wandte er den Mannschaften seines Potsdamer Riesenregiments zu; sie erhielten — je nach der Länge — ansehnliche Löhnung (bis zu 20 Taler monatlich), Nebenerwerb durch Handarbeit war ihnen untersagt. Anmerkung. Obgleich der Unterhalt dieser im Kriege wenig brauchbaren Paradetruppe ungeheure Summen verschlang — die Anwerbung eines einzigen besonders „langen Kerls" kostete beispielsweise allein 9000 Taler —, ließ sich der sonst so sparsame König durch nichts von der Marotte, ein Riesenregiment zu besitzen, abbringen, und der jonst so gerechte und weichherzige Fürst konnte ungerecht und grausam werden, wenn es galt, seinem Leibbataillon einen auffallend langen Rekruten zuzuführen. y. Die Ausbildung des Heeres beschränkte sich keineswegs auf die Künste des Exerzierplatzes. Die eiserne Disziplin der preußischen Armee,
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