1910 -
Breslau
: Dülfer
- Autor: Jahn, Ernst
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch, Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerseminar
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): Jungen
Friedrich der Große.
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der Beamten eine Anwartschaft auf die Stelle ihrer Väter haben sollten,
Anlaß zu kastenmäßigem Abschluß der Beamtenschaft von den übrigen Schichten
der Bevölkerung, und so sehr das autokratische Regiment Friedrichs einerseits
dem Staate zum Segen gereichte, so verhängnisvoll erwiesen sich später seine
Nachwirkungen auf den Geist des preußischen Beamtentums, das unter dem
strengen Regimente des großen Königs wohl gelernt hatte, dessen Befehle in
blindem Gehorsam auszuführen, gleichzeitig aber auch der Fähigkeit selbständigen
Entschlusses entwöhnt worden war.
4. Durch ein hochgespanntes und genau geordnetes Steuer-
system erhielt Friedrich die Finanzlage seines Staates trotz der unverhältnis-
mäßig großen Aufwendungen für den Unterhalt des Heeres und das
„Retablissement" des in den verwüstenden Kriegen ruinierten Landes auf
der Höhe.
a. Die Kontribution blieb unveränderlich bestehen, die indirekten Steuern
dagegen wurden neu geordnet und unter möglichster Schonung der ärmeren
Klassen weiter ausgebaut (Tabaksregie, Kaffeezoll).
b. Um möglichst hohe Erträge zu erzielen, verpachtete Friedrich die
gesamten indirekten Steuern eine Zeitlang an eine französische Gesell-
schaft und übertrug später die obersten Verwaltungsstellen der Akzise an
französische Beamte, die er für diesen Dienst besonders befähigt wähnte.
6. Von den Erträgen der Akzise wurde eine bestimmte Summe (Fixation)
der Kriegs- und Domänenkaffe überwiesen, während der Überschuß in die
sogenannte Dispositionskasse floß (jährlich etwa zwei Millionen Taler), aus
welcher der König die Kosten für das „Retablissement" des Landes bestritt.
(Besserung der Bodenkultur, Flußregulierungen, Belebung des Handels, Unter-
stützung hilfsbedürftiger Gemeinden und Privatleute. — Für den Unterhalt
des Hofes verwendete Friedrich einschließlich sämtlicher Apanagen nur etwa
V4 Million Taler.)
5. Dem Heerwesen wandte der König auch nach Beendigung der
Kriege die eifrigste Fürsorge zu, so daß Preußen unter Friedrichs Regiment
den Ruf der ersten Militärmacht Europas behauptete.
(Abschaffung der Kompaniewirtschaft und Aufbesserung des Gehaltes der
Hauptleute; Aufgeben des Rantonsystems und teilweise Rückkehr zur Rekrutierung
durch Werbung im Auslande; Beurlaubung der Soldaten zur Tätigkeit im Erwerbs-
leben — Freiwächter —; Erhaltung der Kriegstüchtigkeit durch Manöver; Einrichtung der
Generalinspektionen; Reservierung der Dffiziersstellen für den Adel.)
6. Da Friedrich der Große die höchste Aufgabe eines Fürsten darin
erblickte, die Untertanen in jeder, vor allem aber in materieller Beziehung
zu beglücken, und da ihm die Macht eines Staates am besten gesichert erschien,
wenn sie sich auf der Grundlage einer gesteigerten Kultur aufbaue, konzentrierte
er seine Regierungstätigkeit besonders auf die Durchführung einer wohl-
durchdachten Wirtschaftspolitik.
a. Seinen außerordentlichen Bemühungen um die „Peuplierung" und
die Kolonisation des teilweise arg verwüsteten Landes gelang es,
die Bevölkerungsziffer seiner Provinzen ganz erheblich zu erhöhen.
An Seelenzahl nahmen Preußens alte Provinzen unter Friedrichs Herrschaft
mehr zu als unter der des Großen Kurfürsten und Friedrich Wilhelms I. zusammen.
— Heranziehung fremder Kolonisten, Verbot des Abwanderns der Handwerksgesellen,
Ansiedlung entlaffener Soldaten.