1910 -
Breslau
: Dülfer
- Autor: Jahn, Ernst
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch, Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerseminar
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Lehrerseminar
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Inhalt: Zeit: Neuzeit
- Geschlecht (WdK): Jungen
Die Wiedergeburt Preußens.
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s. Ein völlig neues Moment wurde schließlich durch die Absicht Steins,
das Laienelement für die Zwecke der Administration mittätig sein zu lassen,
in die preußische Staatsverwaltung hineingetragen. „Um den Staatsbürgern
Gelegenheit zu geben, dem Ganzen des Staates mit ihren Erfahrungen zu
dienen, um alle berechtigten Interessen zur Geltung, jeden politischen Sinn
zum Keimen zu bringen, ging Stein mit dem Gedanken um, allen Verwaltungen
in Form von Deputationen kompetente Laien zur Seite zu stellen: also wissen-
schaftlich, technisch, wirtschaftlich beratende Laienkörperschaften als integrierenden
Bestandteil schon der staatlichen Exekutive zu bilden. Und dieser Gedanke
wurde konsequent selbst bis zum Ministerkollegium hinauf verfolgt: neben den
Ministerrat sollte unter Vorsitz des Königs ein Staatsrat treten." (Lamprecht.)
Aber unter den Nachfolgern Steins — Altenstein bis 1810, später Hardenberg —
war der erstere seiner Aufgabe kaum gewachsen, während Hardenbergs anders-
gerichteter Sinn sich fast nur der Durchführung der bureaukratischen Ver-
waltungsreformen annahm; daher traten diese Laiendeputationen entweder
überhaupt nicht ins Leben, oder sie erhielten, wie der Staatsrat, nicht die
ursprünglich beabsichtigte Wirksamkeit. Erst in der allerneuesten Zeit sind
Steins Ideen im preußischen Verwaltungswesen verwirklicht worden (Land-
wirtschaftskammern, Handelskammern re.).
c. Die aus der sozialen Umformung folgernde Notwendigkeit einer
Reorganisation der Staatsverfassung hatte für den Freiherrn vom Stein
schon vor der Katastrophe von 1806 den Gegenstand immer erneuter Er-
wägungen gebildet.
a. Da ihm die Erziehung der Staatsbürger zu lebendiger Anteil-
nahme am Staats- und Gemeindeleben als das Endziel seines ganzen Re-
organisationswerkes galt, erblickte er in der Durchführung des Grundsatzes
der Selbstverwaltung für alle Stufen politischer Gemeinschaftsbildung, von
der Dorfgemeinde bis zum Staatsganzen, das Ideal der künftigen Verfassung
Preußens. Von der Einführung eines Repräsentativsystems nach französischem
Muster wollte der historische Sinn des Freiherrn freilich nichts wissen; ihm
schwebte vielmehr die Fortbildung der alten ständischen Vertretungen vor, die
allerdings einer völligen Neuordnung bedürften. Denn Stein dachte keines-
wegs an eine Erneuerung der Rechte der alten privilegierten Geburtsstände,
sondern an eine Vertretung des Volkes durch Berufsstände (Gegensatz zu
Hardenberg). „Keine Repräsentanz nach der Kopfzahl also, . . . sondern eine
Repräsentanz nach der spezifischen Bedeutung der Vertretenen innerhalb der
staatlichen, und im höheren Sinne innerhalb der nationalen Organisation:
dieser echt subjektivistische Gedanke, dessen klare Verwirklichung noch heute eines
der wichtigsten Probleme des Staatslebens bildet, setzte das Nachdenken und
die Organisationskraft in Bewegung." (Lamprecht.)^
Von der Überzeugung ausgehend, „daß konstitutionelle Formen wertlos
sind, wenn ihnen der Unterbau der freien Verwaltung fehlt", ging Stein
daran, den Grundsatz der Selbstverwaltung zunächst in den engeren Kreisen
des Gemeinschaftslebens zur Verwirklichung zu bringen.
ß. Die Städteordnung.
„Steins soziale Reformen und die Befestigung der Staatseinheit gingen
hervor aus der selbständigen, eigentümlichen Durchbildung von Gedanken, *)
*) Vgl. die Tendenzen der politischen Parteibildung der Gegenwart.