Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Geschichte - S. 135

1904 - Leipzig : Dürr
135 Wetter. Wenn das hohe Balkengerste auf dem Turmhause in der Dorotheen-strae einmal den ganzen Tag hindurch ununterbrochen seine rtselhaften Be-wegungen ausfhrte, dann meinten die Berliner bedenklich, die Zeiten wrden schlimm. Aus Petersburg konnten die Nachrichten durch den Telegraphen und durch Kuriere in fnfzig Stunden befrdert werden, und man hoffte noch auf grere Beschleunigung, da der Zar soeben bei Fraunhofer in Mnchen 450 Fernrhre fr die russischen Telegraphen bestellt hatte. Aber der optische Telegraph diente ausschlielich den Behrden. Ein rascher Nachrichtendienst fr den allgemeinen Gebrauch ward erst mglich, als der junge Wilhelm Weber nach Gttingen kam und Gau entzckt ausrief: der Stahl schlgt auf den Stein. Der Physiker und der Mathematiker, sie verbanden den elektro-magnetischen Apparat ihrer Sternwarte durch einen 3000 Fu langen Draht, der den Turm der Johanniskirche hinweg, mit dem Physikalischen Kabinett (1833). Ein echt deutsches Bild: diese gewaltige Erfindung zuerst in einer stillen Gelehrtenstadt, deren behbige Brgerschaft sich vom Welthandel gar nichts trumen lie! Die beiden Gelehrten behaupteten, ihr Telegraph msse auch auf weite Entfernungen, Lnder und Völker verbindend, mit der gleichen Sicherheit wirken, und Wilhelm Weber erbot sich (1836), neben der Leipzig-Dresdener Bahn, zunchst bis Wrzen, eine Drahtleitung anzulegen; die Kosten des Versuchs schtzte er auf 2000 Taler. Das sparsame Komitee wollte aber eine solche Summe nicht an einen zweifelhaften Erfolg wagen. So blieb die deutsche Erfindung liegen, bis die Amerikaner nach Jahren sich ihrer bemchtigten und sie dem Weltverkehre dienstbar machten. Am 7. April 1839 wurde die ganze Bahn erffnet, und noch lange er-zhlte sich das Volk von den Abenteuern dieser ersten Fahrten. Auf einer Station war ein Leipziger Student mitsamt einem unbezahlten Glase Bier dem Kellner hohnlachend davongefahren; in dem gefrchteten Tunnel pflegten die Damen reiferen Alters eine Stecknadel zwischen die Lippen zu nehmen, um sich..gegen die Liebkosungen ausschweifender Jnglinge zu sichern. Vor-sichtige rzte wollten von der Tunnelfahrt, die fast eine Minute whrte, ber-Haupt nichts hren; sie befrchteten, bei dem pltzlichen Luftwechsel msse ltliche Leute der Schlag rhren, und allerdings waren die Wagen der dritten Klasse noch unbedeckt, die der zweiten ohne Fenster. Da die Schienen und die Rder durch die ungeheure Reibung notwendig in Brand geraten mten, war die allgemeine Ansicht; erst die vollendete Tatsache schlug alle Besrch-tungen zu Boden. Der Erfolg bertraf die khnsten Erwartungen. Erstaun-lieh, wie diese erste groe Eisenbahn auch auf den benachbarten Landstraen Mitteldeutschlands sofort die Reiselust belebte; im Jahre 1828 beherbergten die Dresdener Gasthfe 7000 Fremde, in den ersten drei Vierteljahren 1839 bereits 36000. Schon in ihrem ersten Jahre befrderte die Bahn 412000 Personen und 3,85 Millionen Zentner. Im zweiten Jahre sank der Personen-verkehr um ein geringes, weil sich die erste Neugierde etwas gelegt hatte; der Gterverkehr aber stieg mit einer ganz ungeahnten Schnelligkeit. Anfangs waren viele Frachtfuhrleute noch gemchlich auf der Landstrae neben dem Dampfwagen hingefahren, weil die Spediteure die Kosten des Umladens scheuten. Erst seit die Bahn Anschlsse erhielt und die Anfuhr zu den Bahn-Hfen erleichterte, ri sie auch den Gterverkehr an sich, und nach einer Reihe von Jahren ergab sich, da sie von den Gtern mehr einnahm als von den Personen. Dies widersprach allen Vorhersagungen. Leider erlebte List an diesem Triumphe seiner Ideen wenig Freude. Es gibt einsame Genies, die wohl durch schpferische Gedanken ihre Nation er-
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer