1873 -
Coblenz
: Baedeker
- Autor: Cremans, Hubert, Pütz, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Cultur der alten Inder. §. 17.
43
§• 17.
Cultur der alten Inder.
Die indischen Arier (das Sanskritvolk) brachten bei ihrer
Einwanderung in Indien schon eine nicht unbedeutende Cultur
mit und entwickelten diese in der neuen Heimat zu einer solchen
Höhe, dass kein anderes morgenländisches Volk eine reichere Lit-
teratur und grossartigere religiöse Baudenkmäler aufzuweisen hat.
1) Religion.
a) Das Brahmanische Religionssystem. Das höchste Wesen,
Brahma, wurde als Weltseele gedacht und stand nicht über der
Natur als ihr Herr (wie der Jehovah der Israeliten), sondern war
das eigentliche unsichtbare Leben in der Natur. Später wurde
die Lehre von einer über dem ganzen Göttersystem stehenden
Dreieinigkeit (trimürti) ausgebildet, welche besteht aus Brahma als
Schöpfer, Vishnu als Erhalter und Siva als Zerstörer und Erneuerer.
Durch Personification göttlicher Eigenschaften und moralischer
Begriffe, durch Vergötterung von Weisen, Religionsstiftern und
Helden, so wie durch Verkörperung von Elementarkräften ist dann
im Laufe der Zeit eine Menge von Volksgottheiten entstanden.
Religiöse Handlungen waren: Gebete, Reinigungen, Opfer ver-
schiedener Art (namentlich in alter Zeit ein berauschender Pflanzensaft,
später Butter in Feuer, Pferde), Wallfahrten, Fasten, Almosenspenden,
strenge Bussübungen und Einsiedlerleben im Alter, häufig mit Züchti-
gung des Körpers verbunden. Die Sitte des Selbstverbrennens der
Wittwen fand unter sehr grossen Einschränkungen statt.
b) Der Buddhismus, Anfangs mehr ein philosophisches System,
als eine positive Religion, hat sich durch Begünstigung Seitens der
Könige (namentlich Asoka’s im 3. Jahrh.) und durch Missionen nicht
nur über Indien, sondern über das ganze mittlere und östliche Asien
verbreitet und dadurch eine welthistorische Bedeutung erlangt, dass
er unter so vielen Völkern eine Einheit in der Religion bewirkte
und sie einander näherte.
Dieses System, welches keine Dogmen und keinen Cultus kannte,
sondern alles Gewicht auf die sittliche und geistige Vervollkommnung
(Streben nach ,,der höchsten Erkenntniss“) legte, daher auch die Be-
deutung der Priesterkaste vernichtete, legte durch die Lehre von der
Gleichstellung aller Menschen den Grund zur Milderung des Kastenunter-
schiedes (s. S. 44) und führte somit auch eine Umgestaltung der socialen
Verhältnisse herbei.