1873 -
Coblenz
: Baedeker
- Autor: Cremans, Hubert, Pütz, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Der Götterdienst der Griechen. §. 55.
zur Sühnung eines ganzen Stammes oder Volkes, Menschenopfer gebracht
(Einer statt Aller), und diese haben sich an einzelnen Orten selbst bis
in die spätesten Zeiten erhalten, an den meisten Orlen aber wurden
sie schon früh gemildert (in blosse Vergiessung von Menschenblut am
Altar der Gottheit, oder Tödtung von Verbrechern) oder ersetzt durch
Thieropfer, theils einzelner Thiere (besonders der essbaren Haus-
thiere), theils in grösserer Anzahl (Hekatomben). Die eigentliche Opfer-
handlung bestand in dem Ausgiessen des Blutes (welches als der eigent-
liche Sitz des Lehens galt) des geschlachteten Thieres (des Stellvertreters
des menschlichen Blutes) um den Altar. Ihr folgte meistens (als Symbol
der Versöhnung des Menschen mit der Gottheit) die Opfermahlzeit, wo-
bei die der Gottheit vorbehaltenen Theile des Thieres (bei Homer die
fuypiu, d. h. die mit Fleisch ausgeschnittenen Schenkelknochen, später
am häufigsten der Rückgrat) auf dem (ausserhalb des Tempels befind-
lichen) Altäre verbrannt wurden, weil die Verbrennung die schicklichste
Art war, sie dem menschlichen Gebrauche zu entziehen. Mit den Thier-
opfern verband man häufig Trankopfer oder Libationen (d. h. Aus-
giessung von Wein, Honig, Milch, Oel) und Bauchopfer (von wohl-
riechendem Holze, später von Weihrauch).
Die Feste der Griechen waren alle religiöser Art. Die
meisten und zwar die ältesten alle galten den Göttern, als Urhebern
der den Menschen wohlthätigen oder nachtheiligen Naturereignisse,
als Beschützern der gesellschaftlichen Ordnungen; andere feierten
geschichtliche Ereignisse, in denen sich das Walten der Götter
auf eine besonders sichtbare Weise offenhart hatte, und eine dritte
Gattung war die gemeinsame Todtenfeier, neben den von den
einzelnen Familien und Geschlechtern ihren Todten erwiesenen
Ehren.
Bei den Festen wurden kurze Gebete (stehend, mit empor ge-
richteten Händen) gesprochen, Hymnen, Paeane, Dithyramben und andere
Festlieder gesungen, epische Gedichte durch Rhapsoden vorgetragen,
mimische Tänze und dramatische Stücke aufgeführt; auch waren oft
stattliche Aufzüge, Kampfspiele und Festmahle damit verbunden.
Neben dem öffentlichen Götterdienste gab es in vielen grie-
chischen Staaten geheime Culte oder Mysterien, welche theils
nur von den Priestern und Cultusbeamten, theils von zahlreichen
Eingeweihten (mit Opfern, Gesängen, Vorträgen, scenischen Dar-
stellungen) gefeiert wurden. Die wichtigsten von allen waren die
eleusinischen Mysterien, und die eigentlichen Mysteriengottheiten,
vorzugsweise in ihrer Beziehung zum Tode und zur Unterwelt,
sind Demeter, ihre Tochter Persephone und Dionysos (der hier