1873 -
Coblenz
: Baedeker
- Autor: Cremans, Hubert, Pütz, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
316 Verfassung unter den Kaisern bis auf Diocletian. §. 127.
(31—23), die tribunicische Gewalt (also Unverletzlichkeit seiner
Person, das Recht Senat und Volk zu berufen, das der Inter-
cession) erhielt er auf Lebenszeit und unter dem Namen der pro-
consularischen Gewalt eine Statthalterschaft über alle Provinzen
(auch über die dem Senat überlassenen). Statt des verhassten
Königstitels nahm er den Titel Augustus an, welcher ihn als
ein höheres Wesen bezeichnen sollte und auch auf seine Nach-
folger überging; eben so lehnte er die Dictatur ab, später auch
die censorische Gewalt. Nach seinem Feldzuge in den Orient (s.
* S. 317) erhielt er auch die ihm noch fehlende gesetzgebende Gewalt
Und die consularische auf Lebenszeit, zuletzt (nach dem Tode des
Lepidus, 12 v. Chr.) auch die höchste geistliche Gewalt durch seine
Wahl zum Pontifex Maximus.
Die Verfassung unter den Kaisern bis auf Diocletian.
1) Der Kaiser vereinigte unter der anspruchlosen Benennung des
die höchste politische Gewalt mit der Leitung der, religiösen
Angelegenheiten. Auch die Gesetzgebung ging erst facli§ch, dann
^¿kpuwi'echtlich auf ihn über, so dass seine Edicte und Verordnungen (con-
stitnliones) Gesetzeskraft erhielten. Seinen Nachfolger bestimmte er
durch Adoption oder durch Annahme als Collegen, bis später erst die
Praelorianer, dann die Legionen den Kaiser einsetzten.
2) Den Senat beschränkte Augüstus auf 600 Mitglieder (mit
einem Census von 400,000, später von 1 Mill Sestcrtien), die auch
später vom Princeps nicht blos aus Römern, sondern auch aus Italikern
und Provinzialen ernannt wurden, wodurch der Gegensatz zwischen den
verschiedenen Beslandlheilen des Reiches ausgeglichen und dessen Ein-
heit gefördert wurde. Neben der Verwaltung der äussern und innern
Angelegenheiten erhielt der Senat seit Tiberius auch die wesentlichsten
Rechte des Volkes: die Wahl der Beamten, die Gesetzgebung und die
höhere Criminal-Gerichtsbarkeit, so wie diejenige über die Mitglieder
seines Standes. Aber was er an Ausdehnung seiner Thäligkeit gewann,
verlor er an Selbständigkeit. Denn er- war wesentlich abhängig von
dem Kaiser durch dessen Recht der lectio senatus und durch die ihm
vorzugsweise zugestandene Initiative hei allen Versammlungen. Dadurch
blieb es dem Kaiser überlassen, wie viel er dem Senate zur Entschei-
dung vorlegen wollte, und er befragte immer häufiger in wichtigen
Angelegenheiten, statt des Senates, nur einen aus seinen vertrautesten
Anhängern gebildeten geheimen Staatsrath (consilium principis), dessen
Glieder nur eine berathende Stimme halten.
3) Die Volksversammlungen (Centuriat- und Tribut-Comilien)
wurden (seit Tiberius) nur noch berufen, um ihnen die Beschlüsse des
Fürsten und des Senates mitzutheilen und dazu einfach ihre Zustimmung