1873 -
Coblenz
: Baedeker
- Autor: Cremans, Hubert, Pütz, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 14
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Römische Litteratur. §. 137.
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Ausgang von der Religion. Religiöse Lieder1), welche die Salier,
die fratres Arvales und andere Priester unter Tanzbegleilung absangen,
gehören der ältesten Zeit an. Jünger sind schon die Loblieder zur
Verherrlichung' der Ahnen, welche theils bei der Leichenfeier vorgetragea
wurden (die neniae), theils bei Gastmählern. Eine andere Quelle der
Poesie waren die Volksbelustigungen, woraus eine improvisirte Volks-
komödie und die unter gesticulirendem Tanz und Flötenbegleitung
vorgetragene (balladenartige?) Satura hervorgingen. An die Stelle
dieses wesentlich lyrischen Bühn engedichtes ohne Handlung und ohne
Dialog setzte der Tarentiner Andronicus (als römischer Bürge'r
L. Livius Andronicus), welcher als Gefangenei' nach Rom kam, das
griechische Drama in lateinischer Bearbeitung (um 240), während er
zugleich durch eine Uebersetzung der Odyssee auch das griechische
Epos den Römern bekannt machte. In beiden Kunstgattungen, dem
Drama und Epos, folgten ihm Cn. Naevius (264—194) und Q. En-
nius (239—169), welche neben freien Bearbeitungen griechischer
Tragödien (vorzugsweise des Euripides) auch den ersten Versuch sowohl
in der Nationaltragödie, als im Nationalepos machten. Dagegen be-
schränkte sich ihr Zeitgenosse T. Maccius Plautus (254?—184) auf
die freiere Uebertragung der sog. neuern Komödie der Griechen, ward
aber gerade durch diese Gattung der beliebteste römische Volksdichter.
Eine treuere Nachbildung der griechischen Originale (des Menander) gaben
di^ Lustspiele des Afrikaners P. Terentius (196—159), die durch
Eleganz und Feinheit der Sprache einen wesentlichen Fortschritt be-
kunden. Daneben kamen als weitere Ausbildung der alten improvisirten
Volkskomödie die Atellanen (benannt von dem im 2. punischen Kriege
zerstörten und dem Spotte preisgegebenen oscischen Städtchen Atella)
auf, kurze Volkspossen (meist in einem Acte und mit stereotypen
komischen Figuren), die jedoch bald von den Mimen, d. h. Possen,
bei welchen der Tanz die Hauptsache war, verdrängt wurden. Gleich-
zeitig schuf G. Lucilius (148—103) aus der alten Satura die fast
einzige, den Römern eigenthümliche litterarische Kunstgattung, die
Satire.
Mit der zunehmenden Ausdehnung des römischen Reiches
über den hellenischen Orient wurde auch der Alexandrinische
Geschmack in Rom immer mehr bekannt und selbst in dem sog.
goldnen Zeitalter der römischen Litteratur (von Sulla’s
Tod bis zu Augustus’ Tod) war die Poesie recht eigentlich ein
Erzeugnis der Kunst und Gelehrsamkeit und glänzte weniger
durch Originalität als durch eine vollendete Kunstform. Nur das
philosophische Lehrgedicht des T. Lucretius Carus (99—55)
’) Den einzigen erhaltenen Ueberrest s. bei Mommsen, röm. Gesch. I. S.
225 ff. (4. Aufl.)