1872 -
Coblenz
: Baedeker
- Autor: Pütz, Wilhelm, Cremans, Hubert
- Auflagennummer (WdK): 12
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Der deutsch-französische Krieg, 1870 —1871. §. 55.
Elbherzögthümer und der ehemaligen Landgrafschaft Hessen-
Homburg, sowie der kleinen haierischen und darmstädtischen
Gebiete erhielt der preussische Staat nicht nur eine bedeutende
Erweiterung (von 1306 □ Meilen mit 4vi Mill. Einwohnern),
sondern auch einen ununterbrochenen Zusammenhang seiner öst-
lichen mit den westlichen Provinzen und für seine Marine mehrere
Häfen theils an der Ostsee, theils an der Nordsee, wo bisher
der Kriegshafen am Jahdebusen ein isolirt .vorgeschobener Punkt
gewesen war. Dazu übernahm Preussen die diplomatische und
militairische Leitung von ganz Norddeutschland durch die Con-
stituirung des Norddeutschen Bundes, welcher die sämmt-
lichen 21 Staaten des nördlichen und mittleren Deutschlands
nebst der Provinz Oberhessen umfasste. Ein aus directen Wahlen
mit allgemeinem Stimmrechte hervorgegangener (constituirender)
Reichstag (1867) genehmigte den ihm vorgelegten Entwurf einer
Verfassung des Norddeutschen Bundes mit geringen Modifi-
cationen, welche noch von den Landtagen der einzelnen Staaten
bestätigt wurde.
Der deutsch - französische Krieg, 1870—1871.
Napoleon Iii., welcher von den übrigen Grossmächten Eng-
land zum Verbündeten gewonnen, Russland durch den Krimkrieg,
Oesterreich durch die Eroberung der Lombardei für das König-
reich Italien geschwächt hatte, war im Kriege Preussens gegen
Oesterreich (1866) neutral geblieben, in der sichern Voraussetzung,
dass die kleinste der Grossmächte ihrem mächtigeren Gegner
unterliegen oder dass beide sich gegenseitig erschöpfen würden.
Die unerwarteten Erfolge Preussens in jenem Kriege veranlassten
ihn nun nicht nur zur Einmischung in die diplomatischen Ver-
handlungen über den Frieden (s. S. 226), sondern auch zur For-
derung einer Compensation für die ohne Frankreichs Zustimmung
erfolgte Erweiterung Preussens, durch Abtretung einer deutschen
Bundesfestung (Mainz, später Luxemburg), und zu dem Versuche,
Preussen zu einer Allianz mit Frankreich zu verlocken, der zu-
folge Preussen für die Ausdehnung des norddeutschen Bundes
auf Süddeutschland (ohne Oesterreich) die Franzosen in der Er-
oberung des neutralen Belgiens unterstützen sollte. Preussen gab,
um den Frieden zu erhalten, sein Besatzungsrecht in Luxemburg
auf, wies aber alle übrigen Anträge Frankreichs zurück. Deshalb