1883 -
Hannover
: Helwing
- Autor: Hoffmeyer, Ludwig, Hering, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch, Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Volksschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Präparandenanstalt, Mittelschule, Volksschule
- Inhalt: Zeit: Mittelalter, Neuzeit
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Mittlere Geschichte.
zu Tribur, um über das Wohl des Reiches zu beraten. Heinrich
begab sich nach Oppenheim, an der anderen Seite des Rheins, Tribur
gegenüber; nur wenige treugebliebene Bischöfe, seine gebannten Räte und
einige Bewaffnete begleiteten ihn. Täglich schickte er Gesandte hinüber,
gelobte Besserung seines Lebenswandels und versprach, den Fürsten die
ganze Regierung zu übergeben, wenn sie ihm nur den Namen und die
königlichen Abzeichen ließen. Endlich ließen sich die Fürsten bereit finden,
vorläufig noch keinen anderen König zu wählen; dagegen mußte er ver-
sprechen, sich dem Papste zu unterwerfen und spätestens bis zum 22. Fe-
bruar^ die Lossprechung vom Banne zu erwirken, sonst würden sie einen
anderen König wählen. Man beschloß, den Papst zu einem Fürstentage
nach Augsburg einzuladen, um gemeinsam mit ihm über den König zu
verhandeln. Die sächsischen Fürsten ließen sich vom Könige die schrift-
liche Erklärung geben, daß er sie mit Unrecht verfolgt habe. Der früher
vertriebene Bischof von Worms forderte ebenfalls seine Stadt zurück, und
Heinrich mußte die treuen Wormser verlassen und ihrem erbitterten Herrn
überliefern. Er selber lebte mit seiner Gemahlin und einigen Dienern
unter Aufsicht eines Fürsten zu Spei er; er mußte sich der Reichs-
geschäfte enthalten und durfte die Reichsinsignien nicht tragen.
k. Buße zu Canossa. So demütigend dieser Vertrag für Heinrich
war, er sah für den Augenblick keinen Ausweg; aber daran lag ihm
jetzt alles, den Tag von Augsburg zu vereiteln. Daher beschloß er, sich
dem Papste zu Füßen zu werfen. Heimlich verließ er Speier mit
seiner Gemahlin und seinem dreijährigen Sohne. Seine Feinde hatten
diesen Entschluß gefürchtet und daher alle Pässe über die Alpen besetzt;
da wandte er sich nach Burgund und ging von hier über den Mont
Cenis.
„Große Not standen der König und seine Begleiter aus, bis sie auf die Paß-
höhe kamen. Die Straßen waren völlig verschneit und mußten mühsam durch Land-
leute, die man aufbot, gangbar gemacht werden. Aber die Mühen fingen doch erst
recht an, als man den Gipfel erreicht hatte und das Absteigen begann. Unmöglich
war es, auf dem abschüssigen, spiegelglatt gefrornen Boden sich zu halten, und mehr
als einmal verzweifelte man, je das Thal zu erreichen. Kriechend auf Händen und
Füßen oder die Schultern der Führer umklammernd, bald strauchelnd, bald weite
Strecken hinabrollend, kamen die Männer endlich herunter. Die Königin mit ihren
Dienerinnen wurden auf Rindshäute gesetzt und so hinabgezogen. Die meisten
Schwierigkeiten machte das Wegschaffen der Pferde. Man ließ sie teils mit Winden
hinab, teils schleppte man sie mit gebundenen Füßen fort; aber die meisten ver-
endeten doch oder wurden mindestens unbrauchbar."
Die Lombarden jauchzten dem Könige laut entgegen; sie meinten,
Heinrich sei gekommen, um den übermütigen Papst zu züchtigen, und
sein Gefolge wuchs bald zu einem Heere an. Heinrich aber sagte ihnen,
er sei gekommen, Buße zu thun, nicht, um den Papst anzugreifen.
Gregor war auf der Reise nach Augsburg schon bis nach Mantua ge-
kommen; als er von Heinrichs Ankunft hörte, kehrte er um und begab
sich zur Sicherheit auf die Burg Canossa (S. S. 35), wo er bei i
i Dies war der Jahrestag des Bannes, und nach kirchlichem Rechte war ein
volles Jahr die äußerste Frist, innerhalb deren die Lösung vom Banne zulässig war.