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1. Mittlere und neue Geschichte bis 1648 - S. 46

1883 - Hannover : Helwing
46 Mittlere Geschichte. zu Tribur, um über das Wohl des Reiches zu beraten. Heinrich begab sich nach Oppenheim, an der anderen Seite des Rheins, Tribur gegenüber; nur wenige treugebliebene Bischöfe, seine gebannten Räte und einige Bewaffnete begleiteten ihn. Täglich schickte er Gesandte hinüber, gelobte Besserung seines Lebenswandels und versprach, den Fürsten die ganze Regierung zu übergeben, wenn sie ihm nur den Namen und die königlichen Abzeichen ließen. Endlich ließen sich die Fürsten bereit finden, vorläufig noch keinen anderen König zu wählen; dagegen mußte er ver- sprechen, sich dem Papste zu unterwerfen und spätestens bis zum 22. Fe- bruar^ die Lossprechung vom Banne zu erwirken, sonst würden sie einen anderen König wählen. Man beschloß, den Papst zu einem Fürstentage nach Augsburg einzuladen, um gemeinsam mit ihm über den König zu verhandeln. Die sächsischen Fürsten ließen sich vom Könige die schrift- liche Erklärung geben, daß er sie mit Unrecht verfolgt habe. Der früher vertriebene Bischof von Worms forderte ebenfalls seine Stadt zurück, und Heinrich mußte die treuen Wormser verlassen und ihrem erbitterten Herrn überliefern. Er selber lebte mit seiner Gemahlin und einigen Dienern unter Aufsicht eines Fürsten zu Spei er; er mußte sich der Reichs- geschäfte enthalten und durfte die Reichsinsignien nicht tragen. k. Buße zu Canossa. So demütigend dieser Vertrag für Heinrich war, er sah für den Augenblick keinen Ausweg; aber daran lag ihm jetzt alles, den Tag von Augsburg zu vereiteln. Daher beschloß er, sich dem Papste zu Füßen zu werfen. Heimlich verließ er Speier mit seiner Gemahlin und seinem dreijährigen Sohne. Seine Feinde hatten diesen Entschluß gefürchtet und daher alle Pässe über die Alpen besetzt; da wandte er sich nach Burgund und ging von hier über den Mont Cenis. „Große Not standen der König und seine Begleiter aus, bis sie auf die Paß- höhe kamen. Die Straßen waren völlig verschneit und mußten mühsam durch Land- leute, die man aufbot, gangbar gemacht werden. Aber die Mühen fingen doch erst recht an, als man den Gipfel erreicht hatte und das Absteigen begann. Unmöglich war es, auf dem abschüssigen, spiegelglatt gefrornen Boden sich zu halten, und mehr als einmal verzweifelte man, je das Thal zu erreichen. Kriechend auf Händen und Füßen oder die Schultern der Führer umklammernd, bald strauchelnd, bald weite Strecken hinabrollend, kamen die Männer endlich herunter. Die Königin mit ihren Dienerinnen wurden auf Rindshäute gesetzt und so hinabgezogen. Die meisten Schwierigkeiten machte das Wegschaffen der Pferde. Man ließ sie teils mit Winden hinab, teils schleppte man sie mit gebundenen Füßen fort; aber die meisten ver- endeten doch oder wurden mindestens unbrauchbar." Die Lombarden jauchzten dem Könige laut entgegen; sie meinten, Heinrich sei gekommen, um den übermütigen Papst zu züchtigen, und sein Gefolge wuchs bald zu einem Heere an. Heinrich aber sagte ihnen, er sei gekommen, Buße zu thun, nicht, um den Papst anzugreifen. Gregor war auf der Reise nach Augsburg schon bis nach Mantua ge- kommen; als er von Heinrichs Ankunft hörte, kehrte er um und begab sich zur Sicherheit auf die Burg Canossa (S. S. 35), wo er bei i i Dies war der Jahrestag des Bannes, und nach kirchlichem Rechte war ein volles Jahr die äußerste Frist, innerhalb deren die Lösung vom Banne zulässig war.
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