1883 -
Hannover
: Helwing
- Autor: Hoffmeyer, Ludwig, Hering, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch, Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Volksschule, Präparandenschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Lehrerbildungseinrichtungen
- Schulformen (OPAC): Präparandenanstalt, Mittelschule, Volksschule
- Inhalt: Zeit: Mittelalter, Neuzeit
Die Kreuzzüge.
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e. Zug des ersten Kreuzheeres über Konstantinopel, Nicäa und
Antiochien. Das eigentliche Kreuzheer brach erst Mitte August 1096
auf. Berühmte Helden standen an der Spitze desselben; der edelste unter
ihnen war Gottfried von Bouillon, Herzog von Niederlothringen.1
Er hatte tapfer für Heinrich Iv. gefochten; in der Schlacht bei Mölsen
soll er — damals noch ein Jüngling — den tödlichen Schlag auf den
Gegenkönig Rudolf geführt haben. Zum Lohne für seine treuen Dienste
hatte er das Herzogtum Niederlothringen erhalten. Jetzt stand er in der
Blüte der Kraft und war nach Leib und Seele ein treffliches Vorbild
für jeden Ritter. Er führte ein Heer von 90 000 Mann; in der besten
Ordnung zogen ste durch Deutschland, Ungarn und gelangten glücklich
bis vor Konstantinopel. Hier vereinigten sie sich mit den anderen Heeren,
die teils zu Lande, teils zur See aus Nord- und Südfrankreich und aus
Süditalien dorthin gekommen waren. Das ganze Heer betrug etwa
400 000 Streiter, mit Weibern, Kindern und Knechten aber wohl 600 000
Köpfe. Eine einheitliche Leitung fehlte, jeder Fürst führte seine Schar.
Der griechische Kaiser Alexius geriet in Besorgnis vor einem so
gewaltigen Heere. Er forderte von den Führern den Lehnseid für alle
im Morgenlande zu erobernden Ländergebiete. Gottftied und die meisten
übrigen Führer leisteten ihn, nur Raimund von Toulouse und Tan-
kred (aus Süditalien) nicht; sie versprachen nur, nichts gegen das Leben
und die Ehre des griechischen Kaisers unternehmen zu wollen. Nun
wurden sie nach Kleinasien übergesetzt.
Am 5. Mai 1091 langten sie vor Nicäa 2 an. Ein Heer der Seldschucken
ward in die Flucht geschlagen und die Stadt selbst belagert. Nach sieben Wochen
war die Stadt der Übergabe nahe; da schlichen sich Griechen, welche sich bei dem
Heere befanden, in die Stadt und beredeten die Einwohner, durch Auspflanzen der
griechischen Fahne sich für Unterthanen ihres Kaisers zu erklären. Es geschah, und
mit Staunen und Wut sahen die Kreuzfahrer am anderen Morgen, daß ihnen ihre
nächste Hoffnung zerstört war. Tausende waren vor der Stadt gefallen, es gebrach
an Nahrung, und nun sollten sie weiterziehen, ohne sich in der Stadt ausgeruht und
erquickt zu haben. Nur Gottfrieds ernster Hinweis auf den geleisteten Eid vermochte
sie, von einem Sturme abzustehen.
Das nächste Ziel war Antiochien. ^ Aber welche Mühsal gab
es auf diesem Wege zu ertragen! Unter den glühenden Sonnenstrahlen
erstickten die Eisenmänner fast in ihren Panzern; der Wege unkundig,
waren ste oft tagelang ohne einen Trunk Wasser. Die Straße war mit
verschmachteten Menschen und Rossen besäet. Dazu brach noch ein Streit
aus zwischen Tankred und Gottfrieds Bruder Balduin, infolgedessen
letzterer sich vom Hauptheere trennte. Er wandte sich nach Osten gegen
den Euphrat und gründete in dem von ihm eroberten Edessa^ das
erste christliche Reich im Morgenlande.
Das übrige Heer erreichte endlich Antiochien. Aber die Zahl der
Kreuzfahrer hatte sich schon bedeutend verringert, von 100 000 Pferden
waren noch 2000 übrig; im Lager herrschte Hunger, so daß die ekel- *
* Stadt Bouillon, spr. Bujong, im belgischen Luxemburg. 2 Nicäa, östlich
vom Marmarameere. » Antiochien, Stadt im nördlichen Syrien. < Edesssa,
Stadt in Nord-Mesopotamien.