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1. Aus dem Altertum, dem Mittelalter und der Reformationszeit bis zum Dreißigjährigen Kriege - S. 39

1903 - Leipzig : Dürr
Ursachen und Folgen des Verfalls 39 Jahrhunderts vor die Seele getreten, das Land des nationalen Elends und des französischen Einflusses? Und doch ist dies so partikularistische Land wieder erstarkt, endlich geeint, weil es einen Kern fand, um den es sich schließen konnte, weil es ein Land in sich barg, das national sein mußte, wollte es überhaupt existieren, und Fürsten in diesem Lande, die weitschauend über dem bequemen Heute das ernste Morgen nicht vergaßen, sondern in heißen Kämpfen und schweren Sorgen ihr Land und ihr Volk groß und stark gemacht haben. Wie stand es damit in Griechenland? — Griechenlands große Männer waren gestorben. Seit dem Tode des Perikles (429), der noch auf dem Sterbebette sich rühmen konnte, daß kein athenischer Bürger jemals durch seine Schuld ein schwarzes Kleid getragen habe, gab es in Athen keine führenden Geister mehr, die rednerische Kraft, staatsmännische Einsicht, nationale Begeisterung und rücksichtslosestes Wollen in sich vereinten. Weder das leichtsinnige, revolutionäre Genie des Alkibiades in seiner Zwieseligkeit, noch die tragische Persönlichkeit des Demosthenes in all ihrer rednerischen Kraft und ihrem hohen und reinen Wollen sind den Großen der Weltgeschichte zuzurechnen?) Sparta verlor im kritischen Augenblick (361) seinen Agesilaos, den Mann der nimmer rastenden Tatkraft, des nimmer sinkenden Mutes, und Thebens Kraftlosigkeit datiert seit dem Tode des Pelopidas und mehr noch des Epaminondas, eines der bewunderungswürdigsten Charaktere der Weltgeschichte, der da gleich groß war als Krieger wie als Politiker, als Mann wie als Mensch, ebenso wie sein meteorartiger Aufschwung an diese Persönlichkeiten geknüpft ist. So kam das griechische Volk bei dem Fehlen einer starken, die Sonderinteressen mit den Interessen des Staats ausgleichenden persönlichen Staatsgewalt in innere Zerrüttung. Während Sparta infolge seiner Agrarverfassung in soziale Nöte der schlimmsten Art geriet, die „Reislauferei" in persische Dienste bei ihm in Blüte stand, während die kleinen Stadtstaaten in Versassuugskämpsen sich verbluteten, stand Athen unter der Misere sei es nun aristokratischer, sei es demo- 2) Vgl. dagegen Curtius' andersartiges Urteil (Gr. Gesch. Iii S. 737): „Es war also der Kampf gegen Philipp kein eigensinniger Gedanke des Demosthenes, kein blinder Trotz, sondern eine sittliche Notwendigkeit. Es gab keinen anderen Maßstab des Handelns, als das Gesetz der Ehre und die beschworene Bürgerpflicht: Stadt und Land bis zum letzten Atemzug zu verteidigen. Hätte Athen siegreichen Widerstand geleistet, so würde Demosthenes unbedingt den größten Helden der Nation gleichgestellt worden sein; aber die Erfolglosigkeit des Kampfes hat ihm in alter und neuer Zeit die gebührende Anerkennung entzogen." „Er hat das Höchste erreicht, was einem Staatsmann gelingen kann: er hat durch Rede, Gesetzgebung und persönliches Beispiel die Selbstsucht, die feige Trägheit und alle bösen Neigungen seiner Mitbürger überwunden; er hat sie nicht in flüchtige Aufregung versetzt, sondern die erloschenen Kräfte der Athener neu belebt, ihr edleres Bewußtsein wieder erweckt und sie sich selbst wiedergegeben."
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