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1. Aus dem Altertum, dem Mittelalter und der Reformationszeit bis zum Dreißigjährigen Kriege - S. 101

1903 - Leipzig : Dürr
Die Ursachen des schnellen Verfalls der germanischen Staatenbildungen rc. 101 eine Torheit erschien als Griechen und Römern. Die Botschaft vom Leben nach dem Tode mit der Seligkeit im Paradiese klang dem Germanen nicht fremd, da er ja hoffte, in Walhall einst den seligsten Genuß zu finden. Die Verkündigung des Weltunterganges konnte ihn nicht unangenehm berühren noch weniger ihm lächerlich erscheinen, da er ja an ein Vergehen der Welt in der Götterdämmerung glaubte. An dem Tode Christi, eines Gottes, der Griechen und Römern so töricht und widersinnig war, nahm der Deutsche nicht Anstoß, da er es ja nicht anders wußte, als daß alle seine Götter einst dem Tode anheimfallen würden, und Balder ja auch der Macht des Todes unterlegen war. Und wenn Römer und Griechen sich so schwer von ihren alten Göttern trennen konnten, weil die Gestalten derselben, die von den größten Künstlern in Vollkommenheit und Schönheit dargestellt wurden, ihnen innig vertraut, in der Erinnerung des einzelnen Leben gewonnen hatten, so hatte der Germane kein Bild seiner Götter oder Göttinnen gesehen; sie lebten in seiner Phantasie nur als unbestimmte, nebelhafte Gestalten. Und mußte nicht die Predigt von dem Gottgesandten das unbefangene Gemüt des Deutschen ergreifen, da sie ihm in den verschiedenen Ländern aus verschiedenem Munde fast gleichlautend gehalten wurde? Seine Heimat hatte der Germane verlassen und mit derselben die heimischen Götter. In den heimischen Wäldern waren die Elfen, in den heimischen Gewässern die Nixen trauernd zurückgeblieben; in der rauhen Heimat zog Odin am bewölkten Herbsthimmel, in stürmischen Winternächten über das Land; in den sonnigen Süden hat er die Seinen nicht geleitet. Gewiß, es wurde den Germanen nicht schwer, die neue Religion des Christengottes anzunehmen; aber ebenso wie ihre Religion christlich wurde, so wurde ihr Christentum germanisch. Christo, dem neuen Heerkönige, wurden sie eine treue Gefolgschaft (vergl. Heliand). Erleichtert wurde den Deutschen die Annahme der christlichen Religion durch die Form des arianischen Bekenntnisses. Aber gerade dieses Bekenntnis, an dem sie treu festhielten trotz ökumenischer Konzilien und Synoden, wurde die Hauptursache ihres Unterganges. Sie galten der einheimischen Bevölkerung als Ketzer, während sie selber in den Römern Feinde ihres Bekenntnisses sahen. Der Religionshaß ist stets der erbittertste und tiefste, und er schreckt gewöhnlich vor keinem Mittel zurück, sich an dem Glaubensfeinde zu betätigen. Als die Griechen die Germanen angriffen, feierte der fanatische Religionshaß seinen höchsten Triumph, und mit Schadenfreude sahen die Römer dem Untergange der deutschen Reiche zu. e) Eine weitere Ursache des schnellen Unterganges der germanischen Staaten liegt in dem Volkscharakter der Deutschen (vergl. § 19). Leicht wäre es den Ostgoten gewesen, dem Ansturme Ostroms Trotz zu bieten, wenn sie sich nach geeigneten Bundesgenossen bei ihren Stammes-
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