Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Aus dem Altertum, dem Mittelalter und der Reformationszeit bis zum Dreißigjährigen Kriege - S. 117

1903 - Leipzig : Dürr
Der Islam und seine weltgeschichtliche Bedeutung 117 gegeben, ist Jesus der sündenreine, vorbildliche Mensch in höchster Vollkommenheit aller menschlichen Tugenden. Er ist den gläubigen Christen der Sohn Gottes, ausgerüstet mit göttlicher Macht und mit der Kraft, Wunder zu verrichten. Muhammed ist zwar der höchste und letzte Prophet Allahs, aber er besitzt nicht Wundermacht; er ersetzt diesen Mangel durch Hinweis auf das große Wunder, die Welt selbst, als Allahs Werk, auf den Himmel mit seiner Schönheit, den Wolken und Winden, auf den wunderbaren Bau und Organismus der Geschöpfe, insbesondere des Menschen. Nach seiner Meinung beeinträchtigen Zeichen und Wunder die Verdienstlichkeit des Glaubens. (Übrigens sind Muhammed nach seinem Tode von seinen Bekennern Wunder angedichtet worden.) Ein weiterer Gegensatz zwischen Muhammed und Jesus zeigt das Verhältnis zu ihrem Volk und dessen Religion. Jesus bricht vollständig mit den Juden; seine Auffassung von den göttlichen Geboten und der Art der Gottesverehrung ist so völlig verschieden von der seiner Volksgenossen, daß eine Einigung oder ein Ausgleich nicht möglich ist. Bittere Feindschaft und tödlichen Haß zieht er sich zu, als er das Natioual-heiligtum zu Jerusalem angreift. Für sein Gottesreich auf Erden, das in den Herzen der Menschen gegründet ist, hat der Tempel zu Jerusalem keine Bedeutung. Muhammed kommt dem religiösen Bedürfnis seines Volkes entgegen. Er stürzt zwar die Götzenbilder in der Kaaba; aber er tastet das Zentralheiligtum selbst nicht an, er läßt es bestehen; ja, er erhöht die Heiligkeit desselben noch, indem er die Pilgerfahrt dorthin den Gläubigen zur Pflicht macht, so seinen Volksgenossen eine liebe Gewohnheit erhaltend. Das Verhältnis der Religion zum Staat und zur weltlichen Macht wird von Muhammed und Jesus sehr verschieden gefaßt. „Mein Reich ist nicht von dieser Welt", sagt Jesus; er verzichtet ausdrücklich auf eine äußere Herrschaft, und öfter erzählen die Evangelien, wie er dem Volke, das ihn zum König machen wollte, ausgewicheu ist. Nichts lag ihm ferner als eine gewaltsame Ausbreitung feiner Lehre; denn „wer das Schwert nimmt, der soll durch das Schwert umkommen". Durch diese Unabhängigkeit des Christentums von weltlichen Einrichtungen, nationalen Eigentümlichkeiten, staatlichen Institutionen konnte es die Welt beherrschen: „Nicht Jude noch Grieche, nicht Knecht noch Freier, nicht Mann noch Weib" n. s. w. (Gal. 3,28). Dagegen beansprucht Muhammed die Herrschaft über die Länder und Völker, um so die Herrschaft über die Geister zu erlangen; eins scheint ihm ohne das andere nicht möglich. Zur Unterwerfung der Welt führt aber nur die Gewalt; Feuer und Schwert sind die Mittel, die Welt zu besiegen. Einen kosmopolitischen Zug finden wir in beiden Religionen, aber verschieden fassen beide den Kampf gegen
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer