Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Aus dem Altertum, dem Mittelalter und der Reformationszeit bis zum Dreißigjährigen Kriege - S. 195

1903 - Leipzig : Dürr
Die Kreuzzüge nach ihren Ursachen, Mißerfolgen und Wirkungen 195 hin Ritter und Verehrer der höfischen Gesellschaft unter stärkster Durchsetzung der Sprache mit Ausdrücken des französischen Wortschatzes für die feineren Beziehungen des Lebens, ja selbst mit Gallizismen; und französierende Dichter, wie Gottfried von Straßburg, huldigen dieser Art nicht minder, wie deutschdenkende im Sinne Wolframs von Eschenbach. Ja, die Bezeichnung des neuen Gesellschaftstreibens selbst im Gegensatz zu dem alten Leben des landbauenden Adels wird dem Französischen entnommen; hövisch und törperlich sind nur Übersetzungen der längst ausgeprägten Begriffe courtois und vilain, und das Wort Törper verbreitet sich bezeichnender Weise vielfach in der westniederdeutscheu, wohl vlämischen Form Tölpel zur Charakterisierung der Roheit und Ungeschliffenheit vorritterlichen Daseins. So wurde französisches Denken als Daseinsform der höheren Schichten in West- und Süddeutschland heimisch; es überwucherte und krönte zugleich den hier schon weit gediehenen Sproß einer aus einheimischer Kraft entwickelten, bisher rein deutsch charakterisierten höheren Gesellschaft." (Lamprecht.) Auch die Formen des mittelalterlichen Frauendienstes haben die Deutschen von den Franzosen gelernt, wie überhaupt „die Überspanntheit der Gemüter, die Romantik der Gefahren und Abenteuer, das weltverlorene Hinausstreben in die Ferne, die ganze nervöse Unruhe und prickelnde Untätigkeit, die dem Ritter des 12. und 13. Jahrhunderts auch in Deutschland den Charakterzug leihen", auf französischen Einfluß zurückzuführen sind. Die konventionellen Formen, das Sittlich-Schickliche, die reich ausgebildete Etikette sind französischen Ursprungs. (Über die ritterliche Dichtung siehe § 33: Das geistige Leben im hierarchischen Zeitalter.) Aber neben diesen französischen Formen liegt im Ritterwesen viel Germanisches. Der Kampf war schon dem alten Deutschen das Höchste, seine liebste Beschäftigung, und die echt deutsche Neigung fand im Rittertum ihre Befriedigung, wenn auch der Zweck des Kampfes und seine Art (Schonung des Gegners, Bewaffnung, Ausbildung u. s. w.) anders geworden waren. — Wie die alten Germanen einzeln wohnten, so bauten sich auch die Ritter ihre Wohnstätten isoliert; ein Unterschied in der Tätigkeit des altgermanischen freien Kriegers und des Ritters ist auch kaum vorhanden indem beide nicht selbst den Grund und Boden, der ihnen doch den Lebensunterhalt gewähren mußte, bebauten. Wenn die Treue vom Ritter verlangte, daß er sich völlig den Verpflichtungen hingab, die ihm der Dienst seines Ideals oder bestimmter Personen auferlegte, so erinnert auch diese Tugend an eine altgermanische Eigenschaft ebenso wie die Verehrung der Frauen. — So finden sich im Rittertum romanische und germanische Züge. Aber seinen internationalen Charakter hätte es nicht erlangen können, wenn nicht die Kirche, die höchste geistige Macht
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer