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1. Aus dem Altertum, dem Mittelalter und der Reformationszeit bis zum Dreißigjährigen Kriege - S. 299

1903 - Leipzig : Dürr
Die Folgen des Dreißigjährigen Krieges 299 jenes arme Bauernvolk dann doch wieder von den Gutsherren aufs höchste angespannt wurde, daß in jener Zeit die Hörigkeit und Leibeigenschaft der Bauern fast überall durchgeführt wurde. So wurden sie gezwungen zur Dienst- und Spannpflicht; das Besthaupt mußte im Todesfälle abgegeben werden; die Kinder waren zum Hofgehen und zum unentgeltlichen Dienste verpflichtet. Vor dem „Bauerlegen" scheute der Edelmann auch nicht zurück. Diese wirtschaftliche Abhängigkeit wurde zur rechtlichen, weil der Gutsherr zugleich Gerichtsherr war, mit Gefängnisstrafen und Stockprügeln seinen Sinn durchzusetzen Pflegte. Auf 3/4 der deutschen Bevölkerung lastete der Fluch der Hörigkeit, und 200 Jahre lang sollte der einst so aufstrebende kräftige Bauernstand trotz aller Bemühung menschenfreundlicher und wohlwollender Könige (Friedrich Wilhelm I. und Friedrich Ii.) unter dem Joch der Knechtschaft schmachten. Auch in den Städten hatte der Krieg alles Leben erstarren lassen. Schon die Kriegsauflage, welche die Stadt so oft aufbringen mußte, hatte manchen Bürger an den Bettelstab gebracht, war doch Hamburg gezwungen, in kurzer Zeit nicht weniger als 510000 Gulden zahlen. Das Gewerbe war fast völlig zugrunde gerichtet. Der gesamte Glashüttenbetrieb in Hessen z. B. mußte eingestellt werden; die Tuchmacherei in Bayern hatte völlig aufgehört; von 6000 Webereien waren in Augsburg 5500 eingegangen ; der Hopfenbau in Böhmen, der Weinbau in der Pfalz waren vernichtet. Berlin war bis auf ein Viertel seiner Bewohner, bis auf 6000 herabgesunken. In Prenzlau waren von 787 Häusern noch 107 bewohnt, Ravensberg rettete von 1400 nur 400. Augsburg, das vor dem Kriege 90 000 Einwohner zählte, wies nachher etwa 16000 auf. In Nürnberg war es so schlimm, daß es jedem Mann erlaubt war, zwei Frauen zu nehmen, daß auch die katholischen Geistlichen sich verehelichen durften. In der Grafschaft Henneberg waren von 12000 Höfen 8000 vernichtet worden. Wer sein Gut nicht durch Plünderung der Soldaten verloren hatte, dem war es durch die Münzverschlechterung genommen worden. Waren doch die Fürsten dahin gekommen, ihre Silbermünzen in weiß gesottenem Kupfer prägen zu lasten, hatte doch die Stadt Leipzig Münzen aus Blech ausgegeben. Anfangs war natürlich Geld billig im Lande. Bald aber machten sich Schwierigkeiten geltend; die Landesfürsten verboten die Münze, die sie selbst hatten prägen lassen, oder setzten ihren Geltungswert herab. Die mühsamen Ersparnisse des Volkes und seine harten Taler hatten ihre Gültigkeit verloren, und die „Kipper und Wipper", die bis in die höchsten Kreise sich erstreckten, waren die mit Recht vom Volke bestgehaßtesten Menschen. Auch der H a n d e l der deutschen Städte war völlig lahm gelegt. Die deutschen Flußmündungen waren fremder Nationen Gefangene, und auch in den großen Hansastädten ging die Erinnerung an vergangene
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