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1. Altertum - S. 471

1909 - Kempten : Kösel
Der Sturz des Sejan. 471 Die Sitzung ward erffnet, die Lesung des Briefes begonnen. Bald sahen sich die Senatoren erstaunt an; denn es war von allem andern die Rede, nur nicht von der Verleihung der tribunicischen Gewalt. Das Erstaunen wuchs, als des Sejan mehrmals mit kurzem Vorwurf gedacht war; unbeschreiblich aber war der Eindruck, den am Schlsse die Beschuldigung des Tiberius hervorrief, Sejan strebe nach dem Umsturz der bestehenden Verfassung und sei deshalb gefnglich einzuziehen. Es war, als habe der Blitz unter die Versammlung eingeschlagen. Die meisten Senatoren, besonders die, welche sich der Freundschaft Sejans erfreut hatten, entfernten sich; einige strzten nach der Tre und kamen mit der Nach-richt zurck, da die Prtorianer durch die Scharwchter ersetzt seien und niemand den Saal verlassen drfe. In diesem Augenblick betrat auch der Befehlshaber der Scharwchter den Saal und stellte sich wie zum Schutze neben den Konsul Memmius. Nun kam Leben in die vor Schreck erstarrte Versammlung. Die Sena-toren, die aus derselben Bank mit Sejan saen, standen auf und wollten mit dem, dessen Freundschaft sie bisher mit dem grten Eifer gesucht hatten, nicht einmal mehr den Sitz teilen. Prtoren und Volkstribunen aber umringten ihn, damit er nicht entspringen und einen Aufstand erregen mchte. Zugleich schrieen jetzt fast alle wie mit einer Stimme auf ihn ein und stieen Drohungen gegen ihn aus, einige, weil sie Unrecht von ihm erduldet hatten, die meisten aber nur deshalb, weil sie dadurch ihre bisherige Freundschaft mit ihm verdecken wollten. Mit lauter Stimme forderte ihn der Konsul vor; Sejan aber gehorchte nicht, nicht etwa aus bermut, sondern weil er nicht gewohnt war, da ihm befohlen wurde. Zum erstenmal war er von etwas Unvorhergesehenem ber-rascht und berwltigt worden. Erst als ihm der Konsul zum zweiten und dritten Male mit ausgestreckter Hand zurief: Sejan, hieher!" schien er wie aus einem Traume aufzuwachen und erhob sich mit den Worten: Rufst du mich?" Der bergang von der hchsten Hoffnung zur tiefsten Demtigung war zu schroff! Hierauf wurde er gefangen genommen und der Konsul ordnete seine ber-fhrung nach dem Carcer Tullwnus*) an, ohne da seine zahlreichen Freunde gewagt htten sich zu widersetzen. Welcher Wandel des Schicksals! Der, dem vor einer halben Stunde noch eine prtorianische Leibwache auf seinem Wege zum Senat das Geleite gegeben hatte, wurde nun unter dem Hohngeschrei der Menge zum Gefngnis gefhrt; ihn, den man wie einen Gott verehrt hatte ohne recht zu wagen ihm ins Gesicht zu sehen, spie jetzt die Menge an, stie und schlug ihn wie einen Hund. J) Ein unterirdischer Teil des rmischen Staatsgefngnisses, nach dem angeblichen Erbauer, dem König Servius Tullius, genannt.
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