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1. Geschichtliches Lesebuch - S. 116

1909 - Hamburg : Boysen
— 116 — lateinischer Poesie und wohllautender Verse Lebensbedürfnis. Als damals Tacitus neu aufgefunden und gedruckt wurde, schrieb Leo: die großen Autoren seien eine Richtschnur für das Leben, ein Trost im Unglück; die Beförderung der Gelehrten und der Erwerb trefflicher Bücher habe ihm von jeher als ein höchstes Ziel gegolten, und auch jetzt danke er dem Himmel, den Nutzen des Menschengeschlechtes durch Begünstigung dieses Buches fördern zu können. Der Humanismus in Deutschland. Von Italien aus gelangte die neue Bildung nach Deutschland. Denn viele begabte und eifrige Deutsche gingen nach Italien, um dort zu lernen. Italiener waren ihre Meister, denen sie nacheiferten; ihnen es gleich zu tun, ja sie zu übertreffen, war ihr Streben. Aber in Deutschland zeigte die Bewegung der Geister ein anderes Bild als in Italien. Während in Italien das Wiedererwachen des Altertums die gesamte Lebensanschauung und Lebensführung änderte, beeinflußte der Humanismus in Deutschland nur die Schule und die gelehrte Welt. Bis über die Mitte des 15. Jahrhunderts war die Zahl der Schulen in Deutschland gering. Die Zucht war überaus hart. Die Knaben wurden auch dann aufs grausamste geprügelt, wenn sie sich nichts hatten zu schulden kommen lassen; ,,sie mußten gedemütigt werden.’* Abgesehen von den Schreib- und Rechenschulen in den Handelsstädten wurde überall das Hauptgewicht auf religiöse Unterweisung gelegt. Freilich trieb man in den mittelalterlichen Schulen auch Latein, aber nicht um dem Schüler die Geistesschätze des Altertums zu übermitteln, sondern um ihn zu befähigen, die mittelalterlichen Kirchenschriftsteller zu verstehen. Die grammatischen Handbücher und die Wörterbücher waren wenig übersichtlich, und da sie sich auf das entartete Latein der Kirchenschriftsteller gründeten, durchaus fehlerhaft und unvollständig. Die Humanisten bemühten sich, diesen Übeln abzuhelfen, Sie gründeten lateinische Schulen, gaben Anleitung zum Unterricht und zur Erziehung, traten selber als Lehrer auf, fingen an, den Wortschatz der römischen Klassiker zu sammeln und zu ordnen, schrieben Lehrbücher und Wörterbücher, welche auf das Verständnis der Alten hinarbeiteten, und versuchten, ihre ungelehrten Landsleute durch Übersetzungen in das fremde Gebiet einzuführen. Die bedeutendsten Schulen entstanden in Schlettstadt, Deventer und Münster. Auch auf den Hochschulen versuchten die Humanisten Einfluß zu gewinnen. War das Lernen fremder Sprachen bisher nur die Vorstufe gewesen, wenn man sich einem höheren Beruf hatte widmen wollen, so sollte fortan die verständige und hingebende Beschäftigung mit dem Altertum die Hauptaufgabe der Hochschule sein. Neben den festgeordneten Lehrkörpern der Universitäten bildeten sich unter dem Einfluß der Humanisten freie Vereine, welche sich als Ziel setzten, die alten Wege zu verlassen. Diese freien Vereine beschränkten sich jedoch nicht auf die eine oder die andere Universitätsstadt, sondern sie hatten ihre Mitglieder in ganz Deutschland zerstreut. Unter den Gesellschaften, welche damals entstanden, traten zwei ganz besonders hervor: die Donaugesellschaft, welche in engster
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