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1. Geschichtliches Lesebuch - S. 38

1909 - Hamburg : Boysen
38 — wurde dem Kurfürsten eröffnet, daß der Kaiser bereit sei, wenn Friedrich den königlichen Titel annehmen wolle, seine Zustimmung zu geben. Friedrich besaß also die Zusage, daß der Kaiser grundsätzlich nichts gegen die Standeserhöhung einzuwenden habe, und man begann . nun, sich über die Bedingungen auszusprechen. Es folgte ein heftiges und zähes Handeln herüber und hinüber, mehrere Monate lang. Da von Spanien her bedrohliche Nachrichten über den Gesundheitszustand Karls eintrafen, bot sich den brandenburgischen Gesandten in Wien Gelegenheit, das Maß der brandenburgischen Zugeständnisse herabzudrücken ; aber auch die kaiserlichen Minister verteidigten ihre Stellung mit großer Zähigkeit. Endlich kam man zum Schluß. In dem Vertrage, der aufgesetzt wurde, versprach der Kurfürst, nach dem Tode Karls Ii. mit den Waffen dafür einzutreten, daß dem Kaiser das ganze spanische Erbe gebühre. Die Zahl der Hilfstruppen wurde auf 8000 Mann festgestellt. Diese Soldaten sollten freilich nur innerhalb des Reiches verwendet werden, aber zum Reiche wurden auch die spanischen Niederlande und das Herzogtum Mailand gerechnet. Im Kriegsfälle erhielt der Kurfürst vom Hause Österreich jedes Jahr 150000 Gulden. Demgegenüber versprach der Kaiser, daß er die preußische Königswürde anerkenne, wenn der Kurfürst über kurz oder lang wegen seines Herzogtums Preußen sich für einen König proklamieren und krönen lasse. Man hatte in Wien die Sache anfangs so darstellen wollen, als ob der neue König von seiten des Kaisers ernannt werden solle; aber diese Auffassung hatte man nicht aufrechterhalten können. Friedrich bestand darauf, daß er den königlichen Titel aus eigener Machtvollkommenheit annehmen wolle, und daß der Kaiser die Standeserhöhung nur anerkennen solle. Als man in Wien in die Urkunde den Ausdruck einfügen wollte, der Kurfürst sei nicht befugt gewesen, sich die Krone aufzusetzen, ohne daß der Kaiser zuvor zugestimmt habe, setzte Friedrich durch, daß nur gesagt wurde, er sei nicht gemeint gewesen. Also nach sieben Jahren war das angestrebte Ziel endlich erreicht worden; Preußen sollte nun ein Königreich werden. Das war nach der allgemeinen Ansicht der Zeit ein großer Gewinn. „Ein König ist nur der,“ sagte Leibniz, „der auch König heißt.“ Aber dafür mußte Preußen für die Dauer des spanischen Erbfolgekrieges (1701 1713) seine Waffen den westeuropäischen Angelegenheiten dienstbar machen. Und doch begann schon damals, als die Unterhandlungen zwischen Brandenburg und Österreich noch schwebten, auch schon der große nordische Krieg zu wetterleuchten. Es wäre natürlich gewesen, daß dieser Krieg Preußen in seine Kreise gezogen hätte; aber Preußen war gebunden, und länger als ein Jahrzehnt wurden im nordischen Interessenbereich die wichtigsten Entscheidungen getroffen, ohne daß Preußen ein Wort dabei mitreden konnte. Friedrich beeilte sich, die reife Frucht in die Scheuer zu bringen. Es waren noch viele Unterhandlungen nötig: mit den deutschen Reichsständen, dem polnischen Reichstag, mit England und Holland, mit dem Zaren, den Königen von Dänemark und Schweden. Aber der Kurfürst glaubte, daß er jetzt, wo er den Kaiser für sich habe, sich könne
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