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1. Geschichtliches Lesebuch - S. 75

1909 - Hamburg : Boysen
günstigen Ausgang hoffen. Es galt, in Frankfurt auf der beschlossenen Verfassung festzustehen und in Berlin alle Hebel anzusetzen, um den König zur Annahme zu bewegen. — Das Reichsministerium suchte dadurch auf die Beschlüsse Preußens einzuwirken, daß es bei den ändern Regierungen anfragte, ob sie die neue Verfassung annehmen wollten oder nicht. Aber wennschon 28 Regierungen, voran der Großherzog von Baden, ihren Beitritt zur Reichsverfassung erklärten, die Königreiche verhielten sich zunächst ablehnend oder erhoben doch Schwierigkeiten. — Der Finanzminister in Frankfurt (namens Beckerath), ein Preuße, reiste nach Berlin und hatte mit dem König eine zweistündige Unterredung. Er bat Friedrich Wilhelm Iv., die angetragene Würde mit dem Vorbehalte anzunehmen, daß die Reichsverfassung noch einmal überarbeitet werde. Für eine solche Überarbeitung möge der König eine neue Versammlung aus Abgeordneten derjenigen Staaten einberufen, welche die neue Verfassung bereits angenommen. Durch diese Vorschläge war mancher Einwand des Königs hinfällig geworden, auch der, auf den er immer wieder zurückkam: er erhalte die Krone durch ein ungesetzliches Verfahren. Endlich rief der König aus: ,,Aber Sie erkennen ja selbst, daß große Gefahren damit verbunden sind.“ Beckerath wiederholte die Worte, die wenige Tage zuvor E. M. Arndt dem Könige zugerufen: „Die Gefahr ist stets für Preußen eine sieglockende Sohne gewesen.“ Da stand der König auf, ging erregt im Gemach auf und ab und blieb endlich mit den Worten vor Beckerath stehen: „Wenn Sie Ihre beredten Worte an Friedrich den Großen hätten richten können, der wäre Ihr Mann gewesen; ich bin kein großer Regent.“ Der König lehnte ab. — Was sollte nun die Nationalversammlung machen? Da sich die Königreiche geweigert hatten, das Verfassungswerk anzuerkennen, pflanzte eine Partei, der jedes Mittel recht schien, abermals die Fahne der Revolution auf. Mit Gewalt sollte die Reichsverfassung eingeführt werden, und wieder kam es zu blutigen Aufständen. Sollte die Versammlung nun ihr Ansehen zugunsten der Empörung oder zugunsten der Regierung gebrauchen? Immer deutlicher sahen die Verständigen in Frankfurt, die erbkaiserliche Partei, daß sie zwischen der Revolution und der Reaktion nicht wählen könnten. Sie beschlossen daher nach heftigen inneren Kämpfen ihren Austritt. 65 ehrenwerte Männer, darunter Arndt. Dahlmann, Gagern, Unterzeichneten eine Erklärung, daß sie sich veranlaßt sähen, aus der Nationalversammlung auszutreten. Schon vorher waren die österreichischen und die preußischen Abgeordneten von ihren Regierungen abberufen worden. Der Rest der Versammlung, von den Männern der äußersten Linken beherrscht, beschloß die Übersiedlung nach Stuttgart: dort war man sicherer vor den preußischen Truppen, die überall in Deutschland die Revolution niederwerfen sollten, und dort war man der in Baden und der Pfalz ausgebrochenen Volkserhebung näher. Aber als nun das Rumpfparlament eine Reichsregentschaft einsetzte, alle deutschen Heere zum Gehorsam aufforderte, die in Baden und in der Pfalz ausgebrochene Erhebung guthieß und auch
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