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1. Geschichtliches Lesebuch - S. 104

1909 - Hamburg : Boysen
104 — Napoleon ab und bat den Kaiser, er möge zwischen Österreich und Italien den Vermittler spielen, d. h. durch Abtretung Venetiens Italien zum Friedensschluß bewegen. Aber da Napoleon dem Könige von Preußen wiederholt versichert hatte, er wolle neutral bleiben, so konnte Napoleon unmöglich den Wunsch Österreichs erfüllen und offen als dessen Bundesgenosse in den Gang des Krieges eingreifen. Ebensowenig aber durfte er und wollte er Österreich einfach zurückweisen. Denn die Franzosen waren eifersüchtig auf das emporstrebende Preußen und hätten dem Kaiser bitter gezürnt, wenn er nicht diese günstige Gelegenheit benutzt hätte, um die Einigung Deutschlands unter preußischer Führung zu verhindern. Auch fühlte sich Napoleon durch die Bitte Österreichs geschmeichelt. — Er half sich in der Weise, daß er seine Friedensvermittludg nicht bloß der italienischen, sondern auch der preußischen Regierung antrug. Zunächst wurden beide aufgefordert, einen Waffenstillstand eintreten zu lassen; während desselben sollte über den Frieden verhandelt werden. Damit war freilich der österreichische Plan vereitelt. Es nützte dem Kaiser Franz Joseph nichts, daß er Napoleon um seinen Beistand angerufen, wenn er jetzt mit Italien und Preußen zugleich Frieden schließen sollte. Aber ebensowenig wie Österreich waren Italien und Preußen mit dem Vorgehen Napoleons zufrieden. Aus Italien, wo man sich danach sehnte, die bei Custozza empfangene Scharte wieder .auszuwetzen, erfolgte auf die Aufforderung Napoleons rundweg eine ablehnende Antwort. Es hieß, Österreich müsse Venetien unmittelbar an Italien abtreten, und Stillstand könne nur nach Abrede mit Preußen geschlossen werden. Bismarck war durch die Aufforderung Napoleons aufs tiefste erregt. Hatte doch Napoleon in den letzten Jahren immer aufs neue wiederholt, daß er Preußen wohlwollend gesinnt sei. Wie viele Mühen hatte man überstanden, wie nahe winkte das ersehnte Ziel! Da brachte Frankreichs Einmischung neue Unsicherheit, vielleicht neue Gefahren. Aber wie sehr der Zorn in ihm kochte, Bismarck hielt es nicht für geraten, das Anerbieten Napoleons abzulehnen. König Wilhelm erklärte sich bereit, mit Frankreich zu unterhandeln, wollte freilich nur dann mit Österreich Waffenstillstand abschließen, wenn ein ehrenvoller Friede als gesichert gelten könne. Demgemäß rückten die preußischen Heersäulen, während zwischen den beteiligten Regierungen verhandelt wurde, unaufhaltsam nach Süden vor. Die zweite Armee folgte dem Feldzeugmeister Benedek nach Olmütz, die übrigen Truppen zogen, so schnell sie konnten, auf Wien los. Je größer die militärischen Erfolge waren, desto sicherer konnte Preußen darauf rechnen, daß die Friedensverhandlungen günstig verlaufen würden. Die folgen des Krieges sind durch das Eingreifen Frankreichs wesentlich beeinflußt worden. Preußen hatte den Krieg auf sich genommen, einerseits um Schleswig-Holstein zu behaupten, andererseits um den deutschen Bund neuzugestalten. Aber eine Bundesreform, wie Preußen sie in Frankfurt a. M. vorgeschlagen hatte, war jetzt unmöglich. Denn der Gedanke, daß am rechten Ufer des Rheins ein starkes deutsches Reich unter preußischer Hoheit entstehen
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