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1. Geschichtliches Lesebuch - S. 160

1909 - Hamburg : Boysen
— 16o — Liebe im Umkreis der evangelischen Kirche und betrieben von Gliedern derselben“ zu steuern. Natürlich kann die umfassende Arbeit der inneren Mission hier nicht erschöpfend dargestellt werden; aber es soll doch an einigen Beispielen das Arbeitsfeld und die Art der Arbeit gekennzeichnet werden. In den ärmeren Schichten der Bevölkerung ist die Frau nicht selten genötigt, durch Arbeit außer dem Hause als Fabrikarbeiterin, Scheuerfrau, Morgenfrau, Näherin zum Unterhalt der Familie beizutragen. Das hat außer anderen Übelständen auch den im Gefolge, daß in diesen armen Familien die Kinder vernachlässigt werden. Die kleineren bleiben ohne Aufsicht eingeschlossen zu Hause oder werden Wartefrauen übergeben, die aus dem Aufziehen der Kinder ein Geschäft machen und zum Teil ihrer Pflicht nur schlecht nach-kommen; die größeren treiben sich^unbeaufsichtigtt* auf der Straße umher. Diesen Notständen wollen die Krippe, die Warteschulen und der Knaben- und Mädchenhort abhelfen. Die Krippe (Jesu Lager im Stall zu Bethlehem) gewährt Kindern von der vierten Lebenswoche bis ins dritte Lebensjahr an allen Werktagen Aufnahme und Pflege. Morgens werden die Kinder von den Ihrigen gebracht und abends wieder abgeholt. Die Krippe sorgt gegen geringe Vergütung für bekömmliche Nahrung und Kleidung, frische Luft, Reinlichkeit und das gehörige Maß von Schlaf; die Erziehung richtet ihr Augenmerk auf gute Gewöhnung, Gehorsam, Anleitung zum Spiel, Sprechen- und Laufenlernen (Hürde). Die Warteschule behält die Kinder bis zum sechsten oder siebenten Jahre. Hier werden die Kinder mit Erzählen, Anschauungsunterricht, Gesang und Spiel beschäftigt; eigentliches Lernen (Buchstabieren, Rechnen usw.) ist ausgeschlossen. Bleiben die Kinder über Mittag, so müssen sie auch gespeist werden. Der Knaben- und Mädchenhort will den Kindern für die schulfreie Zeit das Elternhaus ersetzen. Den Kindern wird Gelegenheit gegeben, ihre Schularbeiten zu machen und zu spielen, sie nehmen eine Mahlzeit ein und werden auch wohl mit einfachen Erwerbsarbeiten beschäftigt (Strohflechten, Bürstenbinden, Holzkleinmachen usw.) Es gibt ferner viele Kinder, die man als sittlich verwahrlost bezeichnet. Vielleicht haben die Eltern dieser Kinder nicht die rechte Begabung oder den rechten Willen, um ihre Kinder zu erziehen; vielleicht leben die Eltern so, daß jede Erziehung unmöglich gemacht ist (übermäßige Arbeit, Hausierhandel, Bettel, Diebstahl); vielleicht aber sind die Kinder gründlich mißraten, trotzdem von Jugend an alles Mögliche für ihr leibliches und geistiges Gedeihen getan ist. Für solche sittlich verwahrlosten Kinder gründete Johann Hinrich Wiehern im Jahre 1833 das Rauhe Haus (Ruges Haus) bei Hamburg, eine Rettungsanstalt, die für viele andere Rettungshäuser vorbildlich geworden. Das Eigentümliche der Erziehung im Rauhen Hause besteht in der sogenannten Familieneinrichtung. 12 bis 15 Knaben leben in getrennten Häusern unter Aufsicht eines Bruders (s. u.). In diesen Familien sind nicht gleichartige Schulklassen oder Arbeitsabteilungen bei einander, sondern ganz verschiedene Kinder, jüngere und ältere, begabte und unbegabte, starke und schwache; doch sind
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