1912 -
Goslar a. H.
: Danehl
- Autor: Hardt, Walther
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Da war ein Gren und ein Hndeschlag,
Ein Austausch, ein lebendiger Verkehr!
Und jeder Stamm verschieden an Gesicht,
An Wuchs und Haltung, Mundart, Sitte, Tracht,
An Pferden, Rstung, Waffenfertigkeit,
Und alle doch ein groes Brudervolk,
Zu gleichem Zwecke festlich hier vereint!
Was jeder im besonderen erst beriet
Im hllenden Gezelt und im Gebsch
Der Jnselbuchten, mhlich war's gereift
Zum allgemeinen offenen Beschlu.
Aus vielen wurden wenige gewhlt,
Und aus den wenigen erkor man zween,
All' beide Franken, frstlichen Geschlechts,
Erzeugt von Brdern, Namensbrder selbst,
Kunrade, lngst mit gleichem Ruhm genannt.
Da standen nun auf eines Hgels Saum
Im Kreis der Fürsten sichtbar allem Volk,
Die beiden Männer, die aus freier Wahl
Das deutsche Volk des Thrones wert erkannt
Vor allen, die der deutsche Boden nhrt,
Von allen Wrdigen die Wrdigsten!
Und so einander selbst an Wrde gleich,
Das frber nicht die Wahl zu schreiten schien,
Und da die Wage ruht im Gleichgewicht.
Da standen sie, das hohe Haupt geneigt,
Den Blick gesenkt, die Wange schamerglht,
Bon stolzer Demut berwltiget.
Ein kniglicher Anblick war's, ob dem
Die Trne rollt in manches Mannes Bart.
Und wie nun harrrend all' die Menge stand,
Und sich des Volkes Brausen so gelegt,
Da man des Rheines stillen Zug vernahm,
Denn niemand wagt es, diesen oder den
Zu kren mit dem hellen Ruf der Wahl,
Um nicht am andern Unrecht zu begehen,
Noch aufzuregen Eifersucht und Zwist
Da sah man pltzlich, wie die beiden Herren
Einander herzlich faten bei der Hand
Und sich begegneten im Bruderku.
Da ward es klar, sie hegten keinen Neid,
Und jeder stand dem andern gern zurck.
Der Erzbischof von Mainz erhub sich jetzt;
Weil doch," so rief er, Einer mu es sein,
So sei's der ltere!" Freudig stimmten bei
Gesamte Fürsten und am freudigsten
Der jng're Kuurad; Donnergleich erscholl,
Ost wiederholt, des Volkes Beifallsruf.
Als der Gewhlte drauf sich niederlie,
Ergriff er seines edlen Vetters Hand
Und zog ihn zu sich auf den Knigssitz.
Und in den Ring der Fürsten trat sofort
Die fromme Kaiserwitwe Kunegund;
Glckwnschend reichte sie dem neuen König
Die treubewahrten Reichskleinode dar.
Zum Festzug aber scharten sich die Reih'n,
Voran der König, folgend mit Gesang
Die Geistlichen und Laien: So viel Preis
Erscholl zum Himmel nie an einem Tag.
Wr' Kaiser Karl gestiegen aus der Gruft,