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1. Vaterländische Geschichte - S. 52

1902 - Wiesbaden : Behrend
— 52 — Banden folgten auf Banden, die Lieferungen und Quälereien schienen endlos Mit Entsetzen sah der Bauer, daß die fremden Soldaten mit einer Spur-kraft, die er der Zauberei zuschrieb, aufzufinden wußten, was er tief in der Erde versteckt hatte. Wenn er ihnen aber zu schlau gewesen war, dann ergriffen sie ihn selbst und zwangen ihn durch entsetzliche Qualen, das Versteck seiner Schätze anzugeben. Seine Wirtschaft wurde ganz verwüstet, die Gespanne vom Pfluge gerissen, die Herden von der Weide geholt und dadurch dre Bestellung der Felder oft unmöglich gemacht. Auf die Kirchtürme und auf hohe Punkte der Flur stellte man Wachen, die ein Zeichen gaben, wenn Truppen in der Ferne sichtbar wurden. Dann brachte der Landmann, was er retten konnte. Frauen und Kinder und die leicht bewegliche Habe, eilig in ein entferntes Versteck. Wochen, ja Monate lang fristeten dort die Flüchtlinge ihr angstvolles Dasein. Im schwarzen Moore zwischen Gräben, Binsen und Erlengebüsch, in dunkler Waldesschlucht, in alten Lehmgruben und verfallenem Mauerwerk suchten sie die letzte Rettung. Waren die Soldaten abgezogen, dann kehrten die Armen in ihre Hänser zurück und besserten notdürftig aus, was verwüstet war. Nicht selten freilich fanden sie nur eine rauchende Brandstätte." 5. Kulturzustände nach dem dreißigjährigen Kriege, a) Wirtschaftliche Zustände. Deutschland glich jetzt fast einer großen Wüste. Tausende von Städten und Dörfern lagen in Asche. Wo einst Wiese und üppiges Ackerfeld prangten, da wuchsen Disteln und Dornen; wo einst ein friedliches Dörfchen lag, da fand sich jetzt Wildnis und Wald. „Man wandert bei zehn Meilen", klagt ein Zeitgenosse, „und sieht nicht einen Menschen, nicht ein Vieh, nicht einen Sperling. In allen Dörfern liegen die Häuser voller Leichname, Mann, Weib, Kind und Gesinde, Pferde und Kühe, neben und unter einander, von Pest und Hunger erwürget." Der Tod machte so reiche Beute, daß Deutschland über die Hälfte seiner Einwohner verlor. Mit der Bevölkerung war auch der ganze frühere Wohlstand vernichtet. Nicht nur hatte man unerhörte Summen aus dem Lande geschleppt, sondern es fehlte der Landwirtschaft an Arbeitskräften, an Vieh, Saatkorn, Geräten, kurz an allem. Bei der allgemeinen Unsicherheit stockte der Handel und Verkehr; so konnte der Niedergang der Gewerbe nicht ausbleiben, da die Handwerker keine Arbeit fanden; auch die Kunst wurde brotlos. b) Sittliche Verwilderung. Hand in Hand damit ging die sittliche Verwilderung des Volkes. Der Krieg entfesselte die niedrigsten Leidenschaften der Menschen und erstickte alle edlen Triebe des Herzens. Trotz des grenzenlosen Elends ergaben sich die Überlebenden den wüstesten Gelagen, tollen Genüssen und Vergnügungen. Überall wimmelte es von Raubgesindel, und nirgends war Sicherheit des Lebens und des Eigentums. Furcht und Schrecken erfüllte die Herzen, und der roheste Aberglaube kam zum Durchbruch; der Hexenglaube erreichte seinen höchsten Grad.
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