1902 -
Wiesbaden
: Behrend
- Autor: Froning, Richard, Wewer, Johannes
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Mittlere Lehranstalten, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Schulformen (OPAC): Katholische Schule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Römisch-Katholisch
treten zeigte er große Derbheit. Pracht und äußerer \
Glanz waren ihm verhaßt. Als ihm sein Vater einen schönen . seidenen Schlafrock schenkte, warf er ihn ins Feuer, weil er ein solches Narrenkleid nicht tragen wollte. Auch als König blieb er j schlicht; in Kleidung, Nahrung und Wohnung bot sein Hof dem j Volke ein Vorbild der Einfachheit und Genügsamkeit, j In späteren Jahren erschien die kräftige, mittelgroße Gestalt des j Herrschers stets in dem knappen Soldatenrocke seines Potsdamer Leibregiments. Auch die Königin und ihre Töchter trugen ein- J fache Kleider. Die ganze königliche Familie lebte äußerst genügsam. ] Im Arbeitszimmer des Königs fand man nur hölzerne Stühle
und Bänke. Sein ganzes Volk betrachtete er als eine große Familie, j in welcher er das Amt des christlichen Hausvaters zu 1 führen hatte. Sehr früh stand er auf und war dann un ermüd- j lich thätig. Er sagte selbst: „Gott hat den König nicht eingesetzt. Am seine Tage in Genuß zuzubringen, sondern um seine Länder j wohl zu regieren. Zur Arbeit sind die Regenten erkoren."
Seine einzige Erholung bildete außer der Jagd eine Abendgesellschaft, 1
t>as Tabakskollegium. Jeden Abend versammelte er seine Vertranten, I
Minister und Generale, um sich. Der König wollte in dieser Gesellschaft l nicht höher geachtet sein als jeder andere. Darum herrschte vollständige 1 Redefreiheit, und oft kam die ausgelassenste Heiterkeit zum Durchbruch; aber j -auch ernste und wichtige Sachen wurden hier beraten.
2. Regierungsantritt. Große Sparsamkeit war dem König j schon in der Jugend eigen, und diese Tugend brachte er mit auf | den Thron. Sparsamkeit hieß die Losung. Die meisten Diener j und Hofbeamten erhielten sofort ihre Entlassung. Sämtliche Ge- 1 hälter der Beamten setzte er herab. Über 100 Luxuspferde, viele j prachtvolle Wagen und Sänften, kostbare Weine, teure Möbel, Edel- I steine und Perlen wurden verkauft, mehrere königliche Gebäude, 1 Gärten und Parks verpachtet. Mit einem Schlage hatte der ganze I königliche Hof sein Aussehen vollständig verändert.
3. Mehrung des Heeres. Große Sorgfalt verwandte der | König auf Mehrung und Verbesserung des Heeres. Schon I in früher Jugend war fein Sinn dem Militärwesen zugewandt; 1 als zehnjähriger Knabe kommandierte er mit größter Freude eine I kleine Kriegsschar von adeligen Knaben gleichen Alters. Des I Königs Vorliebe gehörte den Soldaten; sie nannte er seine lieben l blauen Kinder. Das Heer erreichte unter ihm die Stärke von 83 000 Mann; das waren bei 21/2 Millionen Einwohnern, die f Preußen zu jener Zeit zählte, mehr als 3°/0 der Bevölkerung.
Die Soldaten gewann er teils durch Werbung im In- und Auslande, | teils durch Aushebung. Das ganze Land teilte _ er in Bezirke (Kantone) ein, und jedem Regiment wurde ein Bezirk zugewiesen, aus dem es junge Leute zum Militärdienste ausheben durfte.