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1. Teil 2 - S. 235

1893 - Leipzig : Brandstetter
— 235 — Hohnlachend sprengte der französische General Melac die prächtigen Türme des Heidelberger Schlosses und die Stadtmauern; die halbe Stadt ward in Asche gelegt, nachdem die Neckarbrücke gesprengt worden war. Wie Mordbrenner fielen dann die wilden Scharen über die blühenden Dörfer an der Bergstraße, über die reichen Städte am Rhein, über die Ortschaften der südlichen Pfalz her und verwandelten sie in Aschenhaufen. Die armen Bewohner wurden, wenn sie ihr Hab und Gut retten wollten, erschlagen. Überall fand man die Leichen elender, erfrorener Menschen; denn es war gerade harter Winter. Vom Hardtgebirge bis zur Nahe rauchten Städte und Dörfer, Weinberge und Fruchtfelder. Die Bürger von Mannheim mußten erst mit an der Abtragung ihrer Festungswerke arbeiten, dann äscherte man ihre Stadt ein und trieb sie hungernd und nackt in die Winterkälte hinaus. Ein ähnliches Schicksal traf die Bewohner vieler anderer Städte. Die alte, ehemals herrliche Kaiserstadt Worms wurde mit Ausnahme der Domkirche in eine öde Brandstätte verwandelt. In Speier verjagten französische Soldaten die Bürgerschaft, zündeten die ausgeplünderte Stadt und den altehrwürdigen, herrlichen Dom an und streuten hohnlachend die Asche so vieler großer Kaiser (z. B. Heinrich Iv.), die hier begraben lagen, in die Winde. Dann kamen die Gegenden von Trier und Köln an die Reihe, wo man die Bauern sogar zwang, ihr eigenes Getreide unterzupflügen, um dadurch eine Hungersnot zu erzeugen. „Der König will's", war die einzige Antwort der Anführer, wenn die Unglücklichen mit herzzerreißenden Klagen um Schonung flehten. Ihr Verzeichnis enthielt nicht weniger als 1200 Städte und Dörfer, die alle in Aschenhaufen verwandelt werden sollten. Bis tief nach Schwaben und Franken hinein brandschatzte der Reichsfeind das deutsche Land. Nach so viel schändlichen Grausamkeiten begann man sich endlich im deutschen Reich und bei den Verbündeten zu regen. Aber trotz der überlegenen Anzahl der Feinde behielten die von den ausgezeichnetsten Feldherrn geführten Franzosen die Oberhand. Überall siegten sie, nur ihre Flotte wurde von der englisch-holländischen fast völlig vernichtet. Trotzdem gelangte Ludwig Xiv. nach zehnjährigem Kampfe nicht ans Ziel. Frankreich konnte die ungeheuren Kriegskosten nicht länger bestreiten, die Staatskassen waren leer, Handel und Gewerbe lagen darnieder, das Land seufzte schwer unter der großen Steuerlast — da bot Ludwig im zehnten Kriegsjahre die Hand zum Frieden. Zu Ryswick (sprich: Reisweik), einem großen, mit Gärten und Laubgängen umgebenen Schloß zwischen Haag und Delft in Holland, wurde er 1697 geschlossen. Deutschland, von seinen Verbündeten verlassen, mußte die Bedingungen annehmen, die ihm die fremden Mächte stellten. Es mußte nicht nur Straßburg in den Händen Frankreichs lassen, sondern auch alle die kleineren Städte und Ortschaften im Elsaß, die Ludwig mitten im Frieden widerrechtlich an sich
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