1892 -
Gütersloh
: Bertelsmann
- Autor: Stork, Fr., Wischmeyer, P.
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Evangelische Volksschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): Evangelisch-Lutherisch
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seinen Leib, denn durch alle diese guten Werke, so hoffte er, werde er Gottes Zorn versöhnen und sich die Seligkeit verdienen. „Ist je ein Mönch durch Möncherei in den Himmel gekommen, so wollte ich auch dadurch hineingekommen sein", so konnte er später von sich sagen. Aber die Unruhe seines Herzens und die Furcht vor Gottes Strafgericht konnte er trotz aller Bußübungen nicht los werden. Da endlich, als seine Gewissensnot aufs höchste gestiegen war, wurde er aus seiner Verzweiflung herausgerissen. Ein alter Klosterbruder wies ihn aus das Wort des Glaubensbekenntnisses hin: „Ich glaube an eine Vergebung der Sünden" und der Generalvikar (Oberaufseher) der Augustinerklöster, Johann Staupitz, zeigte ihm, daß der Mensch nicht durch seine eigene Gerechtigkeit, sondern nur durch das Verdienst t>es Heilandes in den Himmel eingehe. Das gab seinem geängsteten Herzen neuen Trost, und beim Forschen in der Schrift fand Luther viele Stellen, welche damit völlig übereinstimmten. Besonders waren es die Sprüche Röm. 3, 28: „Der Mensch wird gerecht ohne des Gesetzes Werk, allein durch den Glauben" und Röm. 1, 17: „Der Gerechte wird seines Glaubens leben". Zu jener Zeit hatte Friedrich der Weise, Kurfürst von Sachsen, zu Wittenberg eine Universität gegründet. Auf Empfehlung von Staupitz berief er Luther als Lehrer (Professor) an diese Universität und zugleich als Prediger der Schloßkirche. Nach einigen Jahren wurde er Doktor der heiligen Schrift.
Reise nach Rom. Im Jahre 1510 wurde Luther von Staupitz nach Rom geschickt. Als er die Stadt von ferne erblickte, rief er: „Sei mir gegrüßt, du heilige Stadt." Aber wie war er getäuscht, als er das gottlose, leichtfertige Wesen der Priester und Mönche kennen lernte. Als er von Rom zurückkehrte, nahm er die Überzeugung mit, daß in der Kirche vieles nicht so war, wie es sein sollte, und später sagt er von dieser Reise: „Ich wollte nicht tausend Gulden nehmen, daß ich Rom nicht sollte gesehen haben."
Der Ablaßhandel. Zu Luthers Zeit saß auf dem päpstlichen Stuhle Leo X. Er hatte zum Bau der Peterskirche in Rom viel Geld nötig. Um dieses zu erlangen, ließ er einen allgemeinen Ablaß ausschreiben. Die römische Kirche lehrt, daß die Heiligen mehr gute Werke gethan haben, als zu ihrer Seligkeit nötig waren. Diese guten Werke sind zu einem unermeßlichen Schatze angehäuft, welchen der Papst verwaltet, und auf gründ dessen er allen, die ihre Sünden bereuen und beichten, Erlaß der Kirchenstrafen gegen Lösung eines Ablaßzettels spendet. Einen solchen Handel setzte der Papst Leo nun auch in Deutschland ins Werk. Einer der eifrigsten Ablaßkrämer war Tetzel. Er versprach
allen, die sich von ihm einen Ablaßzettel kauften, Vergebung auch der schwersten Sünden, ohne Reue und Buße von ihnen zu verlangen.