1887 -
Langensalza
: Beyer
- Autor: Hoffmann, C.
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Der dreißigjährige Krieg. § 44. Des großen Krieges Last und Weh. 201
Das erste, was die Reiter thaten und in den schwarz gemalten Zimmern meines Vaters anfingen, war, daß sie ihre Pferde einstellten. Hernach hatte ein jeglicher seine besondere Arbeit zu verrichten, deren jede lauter Untergang und Verderben anzeigte. Denn ob zwar etliche anfingen zu metzgern, zu sieden und zu braten, so daß es sah, als sollte eine lustige Schmauserei gehalten werden, so waren hingegen andere, die durchstürmten das Haus unten und oben, und kein Ort war vor ihnen sicher. Andere machten von Tuch, Kleidungen und allerlei Hausrat große Pakete zusammen, als ob sie irgendwo einen Krammarkt anstellen wollten; was sie aber nicht mitzunehmen gedachten, wurde zerschlagen und zu Grunde gerichtet. Etliche durchstachen Heu und Stroh mit ihren Degen, als wenn sie nicht Schweine genug zu stechen gehabt hätten. Etliche schütteten die Federn aus den Betten und füllten hingegen Speck, anderes dürres Fleisch und sonstiges Gerät hinein, als ob es dann besser darauf zu schlafen wäre; andere schlugen Öfen und Fenster ein, gleichsam als hätten sie einen ewigen Sommer zu verkündigen. Kupfer- und Zinngeschirre schlugen sie zusammen und packten die gebogenen und verderbten Stücke zusammen. Bettladen, Tische, Stühle und Bänke verbrannten sie, da doch viele Klaftern dürres Holz im Hose lagen; Häfen und Schüsseln mußten endlich alle entzwei, entweder weil sie lieber Gebratenes aßen, oder weil sie bedacht waren, nur eine einzige Mahlzeit allda zu halten. Den Knecht legten sie gebunden auf die Erde, stellten ihm ein Sperrholz in den Mund und schütteten ihm einen Melkkübel voll garstiges Mistlachenwasser in den Leib — das nannten sie einen schwedischen Trunk, der ihm aber gar nicht schmeckte, sondern in seinem Gesicht sehr wunderliche Mienen verursachte. Dadurch zwangen sie ihn, eine Partei anderwärts zu führen, allda sie Menschen und Vieh wegnahmen und in unseren Hos brachten, unter welchen mein Vater, meine Mutter und unsere Magd auch waren. — Da fing man nun erst an, die Steine von den Pistolen und anstatt deren die Daumen der Bauern aufzuschrauben und die armen Schelme schwer zu foltern. Einen von den gefangenen Bauern steckten sie in den Backofen und waren mit Feuer hinter ihm her. Einem andern machten sie ein Seil um den Kopf und drehten es mit einem Stock zusammen, so daß ihm das Blut zu Mund, Nase und Ohren heraussprang. Kurz, es hatte jeder seine eigene Erfindung, die Bauern zu peinigen, und also auch jeder Bauer seine besondere Marter.
(Aus dem „Sirnplicius Sirnplicissimus", mit einigen Abänderungen im Ausdruck und Auslassungen.)
c) Not und Elend auf dem Gipfel.
Zu solchem verheerenden Treiben der Soldaten kam noch während des Krieges eine fürchterliche Pest, die das Ihrige dazu that, um das deutsche Land vollends zur Wüste zu machen. Zu dieser Zeit klagt ein Mann über das Elend seiner Zeit:
Wie jämmerlich stehen die großen Städte! Da zuvor tausend Gassen gewesen sind, sind nun nicht mehr hundert. Wie elend stehen die kleinen Städte, die offenen Flecken, da liegen sie verbrannt, zerfallen, zerstört, daß weder Dach, Gesparr, Thüren oder Fenster zu sehen ist! Wie sind sie mit den Kirchen umgegangen: sie haben sie verbrannt, die Glocken weggeführt, zu