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1. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte - S. 93

1872 - Gütersloh : Bertelsmann
Schilderung des Mittelaliers. 9® Dummheit und Aberglauben begraben. Daher kam es, daß in jener Zeit so viele natürliche Erscheinungen Angst und Schrecken unter den Menschen verbreiteten. Da erschien kein Komet, keine Mond- und Sonnenfinsternis kein Nordlicht, ohne ganze Länder in Bestürzung zu setzen, weil man fest glaubte, die Welt werde nun untergehen, oder doch irgend ein großes Unglück, Pest, Hungersnoth, Krieg und Erdbeben entstehen. Und weil die Menschen die natürlichen Gesetze so wenig kannten, so gebrauchten sie auch nicht die rechten Mittel gegen die Uebel, die wirklich eintraten. Verderbliche Seuchen haben in den ältern Zeiten fast Jahr um Jahr in irgend einem Lande gewüthet und so fürchterliche Verheerungen angerichtet, daß es nichts traurigeres geben kann, als die Beschreibungen davon zu lesen; und ein Mißwachs, wie wir ihn in den Jahren 1816 und 1846 gehabt haben, hätte damals, weil man noch so wenig Gegenanstalten im Großen hatte, vielen Tausenden von Menschen das Leben gekostet. — Kein Stand war, wie wir eben erwähnt haben, damals so versäumt, als 3. Der Bauernstand. — Dieser war der eigentlich gedrückte Stand; außer, daß er in Unwissenheit und Aberglauben niederlag, wurde er auch in der Knechtschaft erhalten. Denn als freie Grundbesitzer hatten sich nur sehr wenige von ihnen zu erhalten vermocht; die meisten waren einem benachbarten Edelmanne oder (Stifte dienstbar geworden, waren an den Boden, den sie bauten, mit Weib und Kindern gebunden, und mußten den Ertrag ihres sauern Schweißes größtenteils ihren Herren überlasten. Dann fehlt aber dem Menschen der Muth, aus freier Lust thätig zu sein, wenn er nicht für feine Nachkommen arbeiten kann. Dazu waren sie wehrlos, denn man hielt keinen Unfreien würdig, die Waffen zu führen. — Doch fingen die Landbauer feit den Kreuzzügen an, sich nach und nach einigermaßen aus diesem Zustande emporzuarbeiten. Der Papst hatte befohlen, daß jedem Knechte, der das Kreuz nehmen und nach dem heiligen Grabe ziehen wollte, die Freiheit gegeben werden mußte. Dadurch erwarben Taufende ihre Freiheit. Von den vielen Rittern, die ebenfalls nach dem gelobten Lande zogen, kamen die meisten nicht wieder, und in der langen Ungewißheit, ob sie todt, und wer bei manchem der Erbe sei, machten sich wieder viele der Leibeigenen frei. Hauptsächlich aber benutzten sie die Streitigkeiten zwischen dem Adel und den Städten, suchten bei einer benachbarten Stadt, die mit ihrem Herrn in Fehbe war, Schutz, zahlten ihr ein Schutzgelb und wurden dafür als Ausbürger angenommen. Wenn die Abeligen auf biefe Weise nicht alle ihre Unterthanen in der Nähe der (Städte verlieren wollten, so mußten sie ihnen lieber selbst die Freiheit für eine Summe Gelbes ober für bestimmte und leichtere Dienste verkaufen. So haben die freien Bürger bet Städte auch sehr bedeutend geholfen, daß nach und nach wieder ein Stand freier Bauern in Deutschland aufgekommen ist. Es ist damit aber langsam gegangen. In den schlimmsten Zeiten des Faustrechts drückte die allgemeine Unsicherheit, die das Hauptübel derselben war, vorzüglich den Landmann. Er war keinen Tag sicher, daß nicht die benachbarten Edelleute auf feinen Feldern ihre Fehde ausfochten, mit den Hufen ihrer Pferde feine Saaten zerstampften und vielleicht gar in dem allgemeinen Tumult feine Hütte über feinem Kopfe ansteckten. Wie glücklich können wir uns fühlen, daß die öffentliche Sicherheit so viel bester geworden ist, daß wir die Landstraßen bereisen und am Abend uns ruhig zum Schlafe in unserm Hause niederlegen können. Der, welchem Unrecht geschehen ist, kann sein Recht finden, und auch der Vornehmste und
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