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1. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte - S. 105

1872 - Gütersloh : Bertelsmann
Karl Iv. 1347 bis 1378. 105 glücksfälle, die Leid und Jammer durch ganz Europa verbreiten. _ Schon acht Jahre vor seiner Erwählung war ein Theil Deutschlands, so wie die benachbarten Länder, Ungarn und Polen, von so ungeheuren Schaaren von Heuschrecken verheert worden, daß Augenzeugen die Felder meilenlang von ihnen bedeckt gesehen haben. Sie fraßen alles weg, was Menschen und Thieren zur Nahrung dient, und ließen keinen grünen Halm stehen; und die Hungersnoth, die durch sie in einzelnen Gegenden entstand, wurde in den folgenden Jahren durch Nässe und Mißwachs über ganz Europa verbreitet. Kaum hatten sich die Menschen von diesen Schrecknissen etwas erholt, so verfinsterte sich im Januar 1348 die Sonne plötzlich und bald daraus entstand ein großes Erdbeben fast durch ganz Europa, welches manche Städte und Dörfer gänzlich verwüstete und die Einwohner unter dem Schutte der Kirchen begrub, wohin sie sich geflüchtet hatten. Und in dem daraus folgenden Jahre kam ein noch schrecklicheres Uebel, durch italienische Schiffe aus dem Morgenlande herübergebracht, eine Pest, der schwarze Tod genannt, weil die Menschen mit schwarzen Beulen von der Größe eines Hühnereies bedeckt wurden und in wenigen Tagen, oft nur Stunden, starben. Von Italien verbreitete sich das Uebel nach Frankreich und Deutschland und verwüstete diese Länder furchtbarer, als der grausamste Krieg nur thun kann. Ganze Städte und Flecken starben aus, daß kein lebendiges Wesen mehr darin zu finden war; in andern starb die Hälfte, ja bis zu neun Zehntheilen von allen Einwohnern, und die übrig gebliebenen standen, ihrer Anverwandten und Freunde beraubt, einsam da. Diese erschütternden Unglücksfälle wirkten auf die Gemüther vieler Menschen sehr stark und weckten sie zu strengen Bußübungen. Hunderte von Büßenden zogen von einem Ort zum andern, den Oberleib entblößt, und geißelten sich mit knotigen und stachlichteu Geißeln, daß das Blut aus ihrem Rücken herunterfloß. Auf den Märkten der Städte schlossen sie gewöhnlich einen Kreis und stellten ihre Geißelungen mit solcher Wuth an, daß endlich strenge Befehle dagegen gegeben werden mußten; und zuletzt, da die Sache in eine Art von Wahnsinn ausartete, der selbst die Kinder ergriff, wurde sogar der päpstliche Bannfluch gegen die Flagellanten oder Geißler, so nannten sich diese Büßenden, ausgesprochen. Eben so mußten der Papst und die Fürsten einer andern Ausschweifung durch sehr ernstliche Strafen ein Ende machen, den Judenverfolgungen nämlich, die sich um diese Zeit wieder erhoben, wie sie auch zu den Zeiten der Kreuzzüge und mehrmals nachher stattgefunden hatten. Unter dem Volke war der Glaube verbreitet, die Juden wären es, die die große Pest durch Vergiftung der Flüsse und Brunnen und durch Bezauberung der Lust verursacht hätten, um die ganze Christenheit mit einem Male auszurotten. Mit der größten Wuth fiel der Pöbel über die Juden her und ermordete und verbrannte sie in den Städten in der Schweiz und am Rheine herunter. Der Haß des Volkes war im Mittelalter unauslöschlich gegen sie, weil sie durch Wucher fast allenthalben unermeßliche Reichthümer an sich zogen und von den Fürsten, die sie in ihren Geldverlegenheiten sehr nöthig hatten, übermäßig begünstigt wurden. Viele Tausende sind in diesen Verfolgungen umgekommen, und aus manchen Städten wurden sie gänzlich vertrieben. Der Kaiser Karl, der bei allen diesen Begebenheiten seine Pflicht als Beschützer der Ordnung und Wohlfahrt seines Reiches wenig geübt, dagegen aber
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