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1. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte - S. 108

1872 - Gütersloh : Bertelsmann
108 Ii. Zeitr. Das Mittelalter. Von 768 bis 1517. mein, bei Geistlichen und Laien. Dazu bedurfte es eines allgemeinen Conciliums. So wurde denn auf Sigismunds Betreiben im Jahre 1414 die Kirchenversammlung zu Kostnitz berufen. Es war eine glänzende Versammlung: 346 Kardinäle, Erzbischöfe, Bischöfe und Aebte, 564 Prälaten und Universitätslehrer, viele niedere Geistliche und über 1600 Fürsten, Herren, Grasen und Ritter, sämmtlich mit zum Theil sehr zahlreichem Gefolge, so daß die Zahl der Fremden bisweilen über 100,000 stieg. Von den drei Päpsten war nur Johann Xiii. zugegen; er hoffte durch seine Italiener, welche die zahlreichsten in der Versammlung waren, den Sieg über die beiden andern Päpste zu gewinnen. Allein das Concilium hatte beschlossen, daß alle drei Päpste ihre Krone niederlegen müßten, damit eine ganz neue Ordnung anfangen könnte; und Johann, weil er zugegen war, sollte die Abdankungsurkunde zuerst unterschreiben. Er that es, weil er in der Gewalt der Versammlung war; allein in seinem Herzen hatte er schon beschlossen, das Aeußerste zu versuchen, um seine Gewalt dennoch zu behaupten. Am folgenden Tage benutzte er den Tumult eines großen Turnieres, auf welches aller Aufmerksamkeit gerichtet war, und entfloh in der Kleidung eines gemeinen Reiters aus Kostnitz nach Schaffhausen in das Gebiet seines Freundes, des Herzogs Fri ed-rich von Oestreich. Dieser, so wie die italienischen Geistlichen, folgten ihm in der nächsten Nacht. Aber das Concilium zeigte bei dieser Gelegenheit seinen ganzen Ernst, erklärte die Absetzung des Papstes für unwiderruflich und belegte die mit ihm Entwichenen mit dem Banne, so wie auch der Kaiser die Reichsacht gegen den Herzog von Oestreich aussprach. Durch diese Einigkeit der geistlichen und weltlichen Macht wurde der Widerstand schnell überwunden. Johann Xx111. mußte sich unterwerfen, weil der Herzog Friedrich sich kaum selbst retten konnte, und dieser verlor durch die Acht alle seine Länder im Schweizer Gebiet, welche die Schweizer auf des Kaisers Geheiß weggenommen hatten; die im Reiche belege-neu Erbgüter aber bekam er nachher durch Begnadigung vom Kaiser wieder. Der zweite Papst, Gregor Xii., war ein friedliebender Mann von 88 Jahren und erklärte gleich Anfangs, daß er seine Würde niederlegen werde, wenn der Friede der Kirche es fordere; er that es 1415 und wurde Kardinal-Bischof von Porto. Der dritte aber, Benedikt Xlll., war desto hartnäckiger und wollte von keinem Nachgeben hören, obgleich Kaiser Sigismund selbst deshalb nach Spanien reiste. Als aber endlich der König von Aragonien ihm seinen Schutz entzog, mußte auch er sich in seine Absetzung fügen. Nun konnte der päpstliche Stuhl wieder besetzt werden. Aber es war noch eine andere große Aufgabe für das Concilium übrig, nämlich über eine allgemeine Kirchenverbesserung zu rathschlagen, die, wie wir schon oben gesehen haben, von vielen Seiten dringend gefordert wurde. Man klagte über Sitten-verderbniß der Geistlichkeit, über das Erkaufen geistlicher Stellen um Geld, über die Beschränkung der Wahlfreiheit der Kapitel und der Rechte der Landesherren durch die Ansprüche des römischen Hofes, und besonders darüber, daß so viel Geld aus allen christlichen Ländern nach Rom gezahlt werden mußte. Am eifrigsten drangen die Deutschen mit ihrem Kaiser auf Abstellung dieser Klagen, und zwar ehe ein neuer Papst gewählt werde. Die Engländer stimmten ihnen bei; Anfangs auch die Franzosen. Aber die Italiener, deren Vortheil es war, daß die alte Verfassung blieb, verlangten vor allen Dingen erst einen Papst, in der Hoffnung, dies werde ein Italiener sein, wie bei treitem die meisten Päpste, und er werde die Absichten der übrigen Nationen zu vereiteln wissen. Sie brachten es auch durch ihre Klugheit dahin, daß ihnen die Spanier und nachher auch die Franzosen: beifielen, und so mußte denn wirklich erst ein neuer Papst gewählt werden. Die
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