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1. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte - S. 118

1872 - Gütersloh : Bertelsmann
118 Iii. Zeitr. Die neuere Zeit. Von der Reformation bis jetzt. 10. Decbr. 1520, vor einem der Stadtthore von Wittenberg, im Angesicht einer großen Menge von Menschen, nicht allein die päpstliche Bannbulle, sondern auch die Bücher des bisherigen römischen Kirchenrechts und Ecks Schriften. Durch diesen Schritt hatte er sich laut und auf immer von der alten Kirche losgesagt; er mußte, gleich Huß, untergehen, oder eine große Partei stiften, welche ihn schützte. Die Sache war schon von solcher Wichtigkeit, daß sie auf dem ersten allgemeinen Reichstage zur Sprache gebracht werden sollte, welchen der neue Kaiser, 57. Karl V., 1520—1556, in Deutschland hielt. — Karl war ein Enkel Maximilians I.; er stammte aus der Ehe von dessen Sohne Philipp, dem Erben der Niederlande, mit der spanischen Prinzessin Johanna her, und erbte, da Philipp früh starb, schon als 17jähriger Jüngling die schönen Länder Spanien, Neapel, Sicilien und die Niederlande. Damals ahnten noch wenige, welcher Geist in ihm verborgen war, denn er war streng und einsam in den Niederlanden erzogen und die Rathgeber, die ihm von dort gefolgt waren, schienen ihn ganz zu beherrschen. Nach seines Großvaters Tode, der bald darauf erfolgte, erbte er auch die östreichischen Erb-länder, und zuletzt wählten ihn auch die deutschen Fürsten int Jahre 1520 zu ihrem Kaiser. Zwar hatten sie einige Zeit großes Bedenken gehabt wegen seiner gar zu großen Macht, die der deutschen Freiheit gefährlich werden konnte; auch meldete sich noch ein anderer Bewerber, der kriegerische König Franz I. von Frankreich, und die Franzosen schienen in ihrem Stolze gar keinen Zweifel zu hegen, daß ihr König den Vorzug erhalten werde; allein lieber als diesen französischen König, der kein Herz für Deutschland haben konnte, wollten die Fürsten den jungen Karl wählen, des geehrten Kaisers Maximilian Enkel, der durch seine östreichischen Länder doch auch ein Fürst des Reiches war. Indeß ließen sie seine Gesandten eine Wahlcapitulation unterschreiben, worin Karl versprach: „Bei Krieg und Frieden des Reiches nie ohne Einwilligung der Fürsten zu handeln; kein fremdes Kriegsvolk in das Reich zu bringen; die Reichsämter mit gebornen Deutschen zu besetzen; in allen Reichs^Verhandlungen nur die deutsche Sprache zu gebrauchen; keinen Fürsten ohne Ursache und untierhört in die Reichsacht zu erklären, und endlich so bald als möglich nach Deutschland zu kommen." So kam für den jungen Karl ein Geschenk des Glücks schnell nach dem andern, und selbst in dem erst seit wenig Jahrzehnten neu entdeckten Welttheile, Amerika, eroberten ihm seine Krieger das Mexikanische Reich, größer als sein Kaiserthunt in Europa. Wäre Karl ein gewöhnlicher Geist gewesen, so möchte ihn diese Fluth des Glückes betäubt und aus der Fassung gebracht haben; er wäre übermüthig geworden, oder hätte andern die Sorgen der Regierung überlaffen, um sich selbst in die Genüsse der Sinnlichkeit zu stürzen. Allein der 20jährige Jüngling zeigte eine bewunderungswürdige Ruhe bei allen diesen großen Botschaften. Ein Augenzeuge spricht mit Bewunderung so darüber: „Unser König, der jetzt Kaiser ist, scheint das größte, was das Glück gewähren kann, für nichts zu achten; feine Geistesgröße und sein Emst sind so außerordentlich, daß er das Ansehen hat, als hätte er den Erdball unter seinen Füßen." Dem Wunsche der deutschen Fürsten, daß er bald nach Deutschland kommen
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