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1. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte - S. 129

1872 - Gütersloh : Bertelsmann
Der schmalkaldische Krieg. 129 tete dieser und ließ ihn mit dem Herzog Ernst von Braunschweig-Lünebnrg, der auch gefangen wat* in das Lager führen. Nun zog Kaiser Karl vor Wittenberg und drohete, des Kurfürsten Haupt in die Stadt zu senden, wenn ihm nicht sofort die Thore geöffnet würden. Die Kurfürstin und die Söhne erschraken sehr, aber sie glaubten doch nicht, daß der Kaiser die Drohung wahr machen werde, und zögerten. Da versammelte Karl ein Kriegsgericht und ließ wirklich das Todesurtheil über Johann Friedrich aussprechen. Das war eiue Verletzung der Reichsrechte, nach welchen nur auf einem Fürstentage ein solches Urtheil gesprochen werden konnte. Der Kurfürst saß mit dem Herzog von Lüneburg in seinem Zelte ant Schachbrett, als ihm das Todesurtheil angekündigt wurde. Mit Ruhe erwiderte er: „Ich kann nicht glauben, daß der Kaiser dermaßen an mir handeln werde; ist es aber gänzlich also bei der kaiserlichen Majestät beschlossen, so möge man es mir fest zu wissen thun, damit ich wegen meiner Gemahlin und meiner Kinder das Nöthige bestellen möge." Auf die Nachricht dieses Urtheils eilte indeß der Kurfürst Joachim von Brandenburg, obwohl er ant schmalkaldischen Bunde nicht Theil hatte, sogleich ins Lager und verwendete sich aufs eifrigste für den Gefangenen. Mit vieler Mühe und unter harten Bedingungen erhielt er endlich das Leben desselben; aber sein Land und seine Kurwürde mußte Johann Friedrich an den Herzog Moritz abtreten, von dem es nun offenbar wurde, wonach er bei seiner Freundschaft mit dem Kaiser getrachtet hatte. Johann Friedrich sollte Gefangener bleiben, so lange es dem Kaiser gefallen würde, den nöthigen Unterhalt für ihn und seine Familie aber sollte der neue Kurfürst Moritz darreichen. Dieser bestimmte dazu die Einkünfte der Aemter Eisenach, Gotha, Weimar und Jena, und diese sind späterhin den Nachkommen Johann Friedrichs ganz überlassen. So wechselten damals die beiden sächsischen Linien Würde und Besitz. Die jüngere, die albertinische, erhielt die Kurwürde und die dazu gehörigen Länder; die ältere dagegen, die ernestinische, bekam die oben genannten Aemter und hat sich später in mehrere herzoglich sächsische Linien getheilt. Nach Abschließung des Vertrages mußte auch die Festimg Wittenberg ihre Thore öffnen und die kaiserliche Besatzung zog ein. Der Kaiser selbst begab sich in die Stadt und besah sie. „Es ist doch alles ganz anders im evangeli- schen Lande und unter evangelischen Leuten, als ich es mir gedacht habe," — äußerte Karl; und als er hörte, daß während seiner Anwesenheit der lutherische Gottesdienst eingestellt sei, tadelte er dieß und ließ auf der Stelle das Verbot zurücknehmen. In der Schloßkirche besah er auch Luthers Grab, der den Anfang dieses unglücklichen Krieges nicht mehr gesehen, sondern am 18. Februar 1546 zu Eisleben im 63. Jahre seines Alters gestorben war. Einer ans des Kaisers Gefolge rietlj, Luthers Gebeine ausgraben und verbrennen zu lassen; aber der Kaiser erwiderte: „Laßt ihn ruhen, er wird seinen Richter schon gefunden haben; ich führe Krieg mit den Lebendigen und nicht mit den Todten." Karl hatte zwar in dem Bündnisse mit dem Papste versprochen, die evangelische Partei gänzlich zum Gehorsam gegen den römischen Stuhl zurückzuführen, allein er mochte nun doch wohl eingesehen haben, daß dies mit Gewalt nicht möglich sein werde, und hoffen, es nach diesen Siegen desto sicherer durch gelinde Mittel und allmählich zu bewirken. Zunächst war ihm alles daran gelegen, auch den Landgrafen Philipp von Hessen in seine Gewalt zu bekommen, um so den schmalkaldischen Bund mit einem Mal seiner Häufte1' zu berauben. Der 9
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