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1. Kurze Darstellung der deutschen Geschichte - S. 275

1872 - Gütersloh : Bertelsmann
Veranlaßung des Krieges. Tvs Minister auf den Erbprinzen Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen, welcher sich auch bereit erklärte die spanische Krone anzunehmen, wenn ihn die Cortes (Kammer) wählen würden. Nun hatten die Hohenzollernschen Fürsten 1850 ihr Land an Preußen abgetreten und gehörten als eine, jedoch nicht erbberechtigte, Nebenlinie dem königlichen Hause an; König Wilhelm war also das Familienhaupt der königlichen und fürstlichen Hohenzollernlinien, darum hatte ihm auch Prinz Leopold aus Höflichkeit von dem spanischen Anerbieten und seinem Entschlüsse Kenntniß gegeben, im übrigen stand der König von Preußen der ganzen Sache fern, und vollends die preußischen Minister hatten gar nichts damit zu schaffen gehabt. Das konnte man auch in Paris ganz gut wissen, allein Napoleon und seine Minister stellten sich überrascht und entrüstet, um bei diesem Anlaß den längst vorbereiteten Krieg zum Ausbruch zu bringen: das Ganze sei eine Intrigue Bismarcks, ein Uebergreifen Preußens: ein Hohenzollernscher Prinz auf dem spanischen Thron bedrohe Frankreichs Ehre und Sicherheit. Sofort stellte der französische Minister des Auswärtigen, Herzog Gramont, die Forderung, der König von Preußen solle dem Prinzen Leopold die Annahme der spanischen Krone verbieten. Der französische Botschafter am preußischen Hofe, Graf Bene-detti, begab sich am 8. Juli 1870 nach Bad Ems, wo König Wilhelm die Cur gebrauchte, um jene Zumuthung an ihn zu stellen, wurde aber damit abgewiesen, weil der König erklärte, daß der Prinz ganz frei in seinen Entschließungen sei und er selbst nicht das verbieten könne, wozu er keinen Befehl gegeben habe. Als Prinz Leopold sah, wie vom französischen Cabinet die eigentlich nur seine Person angehende Angelegenheit zur Herbeiführung eines Krieges mit Preußen benutzt werden sollte, nahm er freiwillig die den spanischen Ministern gegebene Erklärung zurück. Damit schien alles wieder in Ordnung zu sein. Allein Napoleon wollte Krieg. Jetzt mußte Benedetti von König Wilhelm verlangen, er solle die bestimmte Versicherung geben nie seine Zustimmung ertheilen zu wollen, wenn etwa Prinz Leopold wieder einmal auf die spanische Throncandidatur zurückkommen sollte; ja die französischen Minister Olivier und Gramont drangen gegenüber dem preußischen Gesandten in Paris darauf, König Wilhelm solle einen entschuldigenden Brief an Kaiser Napoleon richten. Als Benedetti den König in Ems auf den Spaziergängen und in seiner Wohnung wiederholt mit jener Forderung belästigte, wurde er zuerst mit einer abschläglichen Antwort beschieden, dann aber ganz abgewiesen, weil der König ihm nichts weiter mitzutheilen habe. In Deutschland herrschte allgemeine Freude, daß der französischen Unverschämtheit so würdig war begegnet worden, den Franzosen aber erschien die Behandlung ihres Gesandten eine unwürdige zu sein. So wuchs auf beiden Seiten die Erregung. Die Vermittlung der Diplomatie, namentlich der englischen, zeigte sich diesmal bei dem raschen Verlaufe der Dinge ohnmächtig: wollte man etwas ausrichten, so hätte von allen Mächten ein Druck auf den Friedensbrecher Na- poleon geübt werden müssen, das geschah aber nicht und so war der Krieg unvermeidlich. Der König Wilhelm hatte Ems verlassen und war nach Berlin zurückgekehrt; überall war er auf seiner Reise vom Volke mit stürmischer Begeisterung begrüßt worden und mußte so den unzweideutigen Eindruck gewinnen, daß er dem preußischen Volk aus dem Herzen gesprochen habe, daß alle in ihrem Könige verletzt waren und in dem ausbrechenden Kampfe nichts weniger als eine Privatsache des Hauses Hohenzollern erblickten, sondern wie es wirklich war, emen Angriff auf Deutschland überhaupt. Derfelbe Gedanke beherrschte 18*
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