1899 -
Gera
: Hofmann
- Autor: Polack, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittlere Mädchenschule, Höhere Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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jener Zeit entstanden aus Volkssagen und Volksliedern unsere größten Epen:
„Nibelungenlied" und „Gudrun". In den Städten bildete sich
später der Meistersang aus, indem die ehrsamen Handwerksmeister
allsonntäglich zusammenkamen, um in Singschulen ihre Lieder vorzutragen.
Eine sonderbare Zunft bildeten die fahrenden Leute. Das
waren umherziehende Sänger, Erzähler, Gaukler, Seiltänzer, Wahrsager,
Kurpfuscher und Händler, später Mönche und Schüler, zuletzt Soldaten
und Zigeuner. Bettelnd und stehlend zogen sie von Hof zu Hof, von
Ort zu Ort und waren gleichsam die lebendigen Zeitungen jener Tage.
Jahrmärkte und Kirchenfeste waren durch sie belebt. Sie schlugen ihre
Buden als Wunderärzte auf, priesen als „Marktschreier" ihre Mittel
mit lauter Stimme, führten Schauspiele auf, tanzten auf dem Seil, zogen
mit Dudelsack und Fiedel singend und erzählend in den Straßen umher,
wahrsagten und erbettelten oder stahlen Speise, Trank und einen Zehr-
pfennig. Manches Volkslied über den Wein und das Wandern,
der Liebe Lust und Leid, der Kriegsthaten Ruhm und Fährlichkeit stammt
von ihnen. Sie waren gefürchtet, denn mit giftiger Zunge sangen sie
die Schande der „Kargen" und priesen die Freigebigkeit der „Milden".
Siedelten sie sich irgendwo an, so wurde ihnen ein abgelegener Winkel
zugewiesen. Sie galten als unehrlich und durften nur unehrliche Ge-
werbe, z. B. als Totengräber, Scharfrichter, Schinder, Gassenkehrer,
Häscher und dgl., betreiben.
7. Die Baukunst. Der gotische oder germanische Spitzbogen-
stil entwickelte sich nach dem romanischen Rundbogenstil im 13. und
14. Jahrhundert zur höchsten Blüte. Der romanische Stil, der be-
sonders im 11. und 12. Jahrhundert blühte, ist aus dem altrömischen
Stile, dem sogenannten Basilika-Stile (die ersten christlichen Kirchen
sind in diesem Stile gebaut), hervvrgegangen. An die Stelle der flachen
Decke der altchristlichen Kirche ist das halbkreisförmige Kreuzgewölbe
getreten; statt eines Tur-
mes finden sich jetzt mehrere
Türme; die Fensteröffnungen,
Portale, Säulenkapitäle sind
„rundbogig". Die ältesten
romanischen Bauten sind am
Rhein (die Dome zu
Speier, Worms und
Mainz) und im alten
Sachsenlande (Kaiserhaus
zu Goslar) aufgeführt
worden. Der gotische Stil
suchte in seinen Bauwerken
den deutschen Urwald nach-
zuahmen, so daß die Tempel
gleichsam in Stein erstarrte
heilige Haine sind. Die schlanken Säulen tragen die Kapitäle gleich
Baumgipfeln, und in edlem Schwünge neigen sie sich in Bogenwölbungen