1899 -
Gera
: Hofmann
- Autor: Polack, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittlere Mädchenschule, Höhere Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
Stein an den Hals. Schwatzhafte Weiber wurden ins Wasser getaucht,
zänkische zusammen in die Beißkatze gesteckt, Landstreicher vom Büttel
gestäupt und verjagt. Schuld oder Unschuld der Angeklagten wurde in
schweren Fällen durch Gottesurteile entschieden. Als Gottesurteile
galten u. a. der Zweikamps, die Kreuz-, Feuer-, Wasser-, Bahrprobe
und die Probe des geweihten Bissens. Bei der Kreuzprobe stellten
sich die Widersacher mit ausgereckten Armen an ein Kreuz. Wer am
längsten die Arme empor hielt, war im Recht. Wer ohne Schaden
glühendes Eisen in die Hand nehmen, barfuß über einen glühenden
Rost schreiten oder seine Arme in siedendes Wasser oder Öl stecken
konnte, hatte seine Unschuld bewiesen, ebenso der, welcher längere Zeit
unter Wasser getaucht, lebendig blieb. Bei der Bahrprobe mußten
die des Mordes Verdächtigen ihre rechte Hand auf die Wunden der Leiche
legen. Fingen die Wunden wieder an zu bluten, so war der Mörder ent-
deckt. Ebenso wenn ein feierlich verwünschter Bissen Brot oder Käse
dem Angeklagten im Halse stecken blieb. Bestand der Verklagte die
Probe, oder siegte er im Zweikampf, so hatte Gott selbst seine Unschuld
bezeugt. Mit besonderer Grausamkeit wurden „Hexen" zu dem Ge-
ständnis gebracht, daß sie mit dem Teufel im Bunde stünden, und dann
verbrannt. (Die weisen Frauen der alten Deutschen, welche die Zukunft
verkündeten, wohnten häufig einsam in Wäldern oder eingehegten Plätzen,
Hagen, und hießen deshalb Hagessen oder Hexen.) Die gewöhnliche
Strafe blieb lange Zeit die Geldbuße. Als in den Fehden und Kämpfen
zwischen Kaiser und Papst die Rechtsunsicherheit wuchs, da nahm man
die Zuflucht zu den alten, volkstümlichen Grafengerichten, die nach dem
Worte femen — verurteilen Femgerichte genannt wurden. Sie
blühten besonders in Westfalen. Wer als Ketzer, Zauberer, Ehebrecher,
Dieb und Mörder berüchtigt wurde, fand plötzlich einen Vorladebrief
mit sieben Siegeln an der Thür oder dem nächsten Heiligenbilde. Konnten
sich die Angeklagten vor dem Freigrafen und den Schöffen auf der
Mahlstätte am Freistuhle nicht rechtfertigen, oder folgten sie der Vor-
ladung gar nicht, so wurden sie verfemt. Über kurz oder lang fand
man sie tot an einem Baume aufgeknüpft oder mit einem Messer in der
Brust. Der Kaiser war ältester Stuhlherr; der Hauptstuhl befand sich
zu Dortmund, wo man noch heute die uralte Femlinde zeigt. Später
artete diese Art der Rechtspflege in Willkür aus und wurde aufgehoben.
Als die Gottesurteile im späteren Mittelalter seltener wurden, wandte man
die Tortur oder peinliche Frage an. Durch die mannigfaltigsten und
schrecklichsten Folterqualen suchte man das Geständnis der Verbrechen zu
erpressen. Gegen das Ende des 15. Jahrhunderts drang das römische
Recht ein. Das mündliche und öffentliche Verfahren in der Recht-
sprechung hörte auf, dafür trat das schriftliche und geheime ein. Tie
Rechtsprechenden aus dem Volke wurden durch gelehrte Richter ersetzt.
Fragen: Welche Umstände trugen zur eigentümlichen Entwicklung des
Rittertums bei? — Was war geistlich, was weltlich bei den Ritterorden? —
Welches waren die Haupthandelswege des Mittelalters? — Woher kamen
Geld, Macht und Freiheiten der Städte? — Beweise, daß die Kirche der
Mittelpunkt des damaligen Lebens war! — Wie nützten die Femgerichte, und