1899 -
Gera
: Hofmann
- Autor: Polack, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittlere Mädchenschule, Höhere Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
189
kämpfte vornehmlich die Lehre von der Tradition, der Heiligenverehrung,
der weltlichen Macht des Papstes, vom Ablaß, der Brotverwandlung
und der Ohrenbeichte. Seine Lehren wurden als ketzerisch (irrgläubig)
verdammt; er selber aber starb unangefochten auf seiner Pfarre. Später
ließ der Papst seine Gebeine ausgraben, verbrennen und in die Winde
streuen.
59. Der böhmische Reformator Johannes Hus.
1. Der begeisterte Prediger in Prag. Johannes Hus war
Professor an der Universität Prag, Prediger an der Bethlehemskirche
und Beichtvater der Königin Johanna. Er war streng gegen sich, wohl-
wollend gegen andere, rein von Sitten und Meister, des Wortes. Sein
Freund Hieronymus machte ihn mit Wiclefs Schriften bekannt,
und er vertiefte sich in diese. Mit mutigem Eifer bekämpfte er die Miß-
stände in der Kirche. Die wahre Kirche war für ihn die Gemeinschaft
der Christen, die mit Christo im Glauben und mit den Brüdern in der
Liebe verbunden sind. Nicht den Papst, sondern Christus hielt
er für das Haupt der Kirche. Die Heilige Schrift erklärte er
für die einzige untrügliche Richtschnur der Lehre. Als die
deutschen Lehrer der Universität eine Verdammung dieser Grundsätze durch-
setzten und darauf die Rechte der Deutschen von den Böhmen verkürzt
wurden, brach zwischen den Deutschen und Böhmen auf der Universität
ein heftiger Zwiespalt aus, der damit endete, daß viele deutsche Studenten
mit ihren Lehrern auswanderten und zur Gründung der Universität
Leipzig Veranlassung gaben (1400). Dem Hus wurde das Predigen
untersagt und endlich der Bann über ihn ausgesprochen. Er ging in
seine Heimat und wirkte durch Schriften, Haus- und Feldpredigten.
2. Der verurteilte Ketzer in Konstanz. Die Verwirrung in der
Kirche hatte inzwischen durch die gegenseitige Bekämpfung der drei Päpste
den höchsten Grad erreicht. Da erhob sich immer lauter der Wunsch
nach einer Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern.
Endlich kam ein freies Konzil (Kirchenversammlung) in Konstanz am
Bodensee zustande. Hunderte von Fürsten, Tausende von Geistlichen und 1414
ungezählte Scharen Neugieriger strömten herbei. Auch einer der Päpste,
Johann Xxiii., kam mit 600 Anhängern aus Italien. Auf der Reise
durch die Schweiz stürzte er mit dem Pferde und rief zum Entsetzen der
Umstehenden: „Da lieg' ich ins Teufels Namen; wäre ich doch in Italien
geblieben!" Konstanz verglich er mit einer Grube, in der man Füchse
fängt. Das Konzil forderte zunächst die Abdankung der drei Päpste.
Johann dankte ab, in der Hoffnung, seiner Willfährigkeit wegen als
alleiniger Papst gewählt zu werden. Als dies aber nicht geschah, entfloh
er in Ritterkleidung und legte Verwahrung ein gegen seine Abdankung.
Er wurde aber zurückgeholt und wegen grober Verbrechen schimpflich
abgesetzt. Sodann ging das Konzil an die Ausrottung der Ketzerei.
Hus war im Vertrauen auf einen Geleitsbrief des Kaisers Sigismund
nach Konstanz gekommen. Doch schon nach einigen Wochen brachten ihn
die Väter des Konzils zur Haft. Den Kaiser beschwichtigten sie damit,