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1899 -
Gera
: Hofmann
- Autor: Polack, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittlere Mädchenschule, Höhere Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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An allen künstlerischen Schöpfungen nahm sie den lebhaftesten Anteil.
Von den Dichtern liebte sie besonders die Franzosen Racine, Corneille
und Moliöre. Die damaligen geistlosen deutschen Reimereien konnten
einen so lebhaften, feinen Geist nicht fesseln. Ihre geistvollen Briefe
sind in einem vorzüglichen Französisch geschrieben, die meisten und besten
an Leibniz und ihre Freundin Fräulein von Pöllnitz. Der letzteren
schrieb sie einmal: „Ich will lieber, daß Sie an meinem Verstände, als
daß Sie an meiner Freundschaft zweifeln."
Besondere Liebe und Sorgfalt verwandte sie auf die Erziehung
ihres Sohnes, der später als König Friedrich Wilhelm 1. den Thron
bestieg. Als Erzieherin wählte sie die feingebildete französische Prote-
stantin Frau von Rocoule, die dann auch den großen Friedrich
erzogen hat. Der Sohn war beiden Eltern unähnlich und ließ sich
wenig beeinflussen. Er war eine tüchtige, eigenartige Natur, aber maßlos
heftig und eigensinnig. Auch die beste der Mütter konnte seine starre
Eigenart nicht beugen. Er ärgerte sich über seine zarte Gesichtsfarbe,
rieb deshalb das Gesicht mit einer Speckschwarte ein und legte sich in
die Sonne, um braun zu brennen. Eine Schnalle verschluckte er, um
sie nicht herzugeben. Er drohte sich aus dem Fenster zu stürzen, als
seine Erzieherin ihm nicht den Willen that. Der so ganz anders ge-
artete und doch geliebte Sohn ging später zu seiner Ausbildung auf
Reisen. Mit Weh im Herzen ließ sie ihn ziehen und sah ihn auf Erden
nicht wieder. Auf einer Reise nach Hannover zu ihren Eltern erkrankte
sie und starb im Alter von 37 Jahren. Die Königskrone hatte sie nur
5 Jahre getragen. Schön und friedlich wie ihr Leben war auch ihr
Sterben. Nicht eine Spur von Todesfurcht zeigte sie. Zu der weinen-
den Freundin am Sterbelager sagte sie: „Haben Sie denn geglaubt, daß
ich unsterblich sei?" Dem Geistlichen sagte sie: „Ich habe 20 Jahre
über die letzten Dinge nachgedacht. Ich kenne keine Furcht vor dem
Tode und hoffe, mit meinem Gott gut zu stehen!"
König Friedrich war untröstlich über den unersetzlichen Verlust
und suchte wenigstens in der düstern Pracht der Begräbnisfeierlichkeiten
seinem Schmerze Ausdruck zu geben. Sophie Charlotte ist eine von den
glücklichen Kronenträgerinnen gewesen, denn sie hat ihren Kreis ausgefüllt
und ihre edle Natur rein und voll ausgelebt.
7. Friedrich I. starb gottergeben. Friedrichs Lebensabend war
durch häusliche Kümmernisse und durch eine furchtbare Pest in Preußen
getrübt. Seine letzte Freude war die Geburt eines Enkels, der bei dem
glänzenden Tauffeste den Namen Friedrich erhielt. Die Nachwelt hat
diesen den Großen genannt.
Auf seinem Totenbette sprach Friedrich I.: „Die Welt ist nur ein
Schauspiel, das bald vorübergeht. Wer nichts als dieses hat, ist übel
dran." — „Gott ist gewißlich meines Lebens Kraft gewesen von Jugend
auf; ich fürchte mich nicht vor dem Tode; denn Gott ist mein Licht
und Heil." In einer Anweisung für die Erziehung des Kronprinzen
sagt er: „Gleichwie andere Menschen durch Belohnungen und Strafen
der höchsten Obrigkeit vom Bösen ab- und zum Guten angeführt