1899 -
Gera
: Hofmann
- Autor: Polack, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittlere Mädchenschule, Höhere Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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— Ein hohes Verdienst erwarb sich der König um die Volksbildung,
so daß er als Vater des blühenden preußischen Volksschulwesens gelten
kann. Er führte den Schulzwang ein, so daß alle Eltern ihre Kinder
vom 5. bis 12. Jahre zur Schule schicken mußten, und baute sehr viele
Schulen. Er wollte, daß jeder Unterthan in der Religion, im Lesen,
Schreiben und Rechnen unterrichtet werde, und hielt die Bildung des
ganzen Volkes bis zum letzten Bauern für viel wichtiger als die
gelehrte Bildung einzelner. Auch gründete er das erste preußische
Lehrerseminar. Es fehlte leider gänzlich an ordentlichen, vorgebildeten
Lehrern. Tagelöhner und Handwerker unterrichteten in der Regel die
Kinder auf dem Lande. Er selbst besuchte die Schulen und prüfte die
Kinder.
3. Der eifrige Soldatenfreund. Sein Heer hielt er für den
Grundpfeiler der Staatsmacht und brachte es von 38000 auf 83000
Mann. Den Soldaten widmete er große Fürsorge. Sie wurden zu
einem Teil aus dem eigenen Lande, und zwar aus den jüngeren Bauern-
söhnen und Handwerksgesellen in den Städten, genommen; die ältesten
Söhne waren vom Heeresdienste befreit. Zum Zweck der Aushebung
war das Land in Aushebungsbezirke oder Kantons eingeteilt;
jedem Regiment war ein bestimmter Bezirk zugeteilt. Der größere Teil
der Soldaten wurde auswärts angeworben. Besonders eifrig wurde
Jagd auf „lange Kerls" gemacht, denn für diese hatte der König eine
wahre Leidenschaft. Sein Leibregiment in Potsdam bestand aus lauter
Riesen, die er seine „lieben blauen Kinder" nannte. Durch Geld, gute
Worte, List und Gewalt waren sie aus allen Ländern zusammengeholt.
Ein langer Mönch ward aus Rom mit viel Gefahr und Kosten entführt.
Peter der Große von Rußland hatte den König mit hundertundsünfzig
baumlangen Rekruten erfreut. Das Leibregiment war eine äußerst kost-
spielige Liebhaberei des Königs. Alle militärischen Verbesserungen wurden
zuerst in diesem Regiment probiert, so daß
es die Musterschule für die ganze Armee war.
Den Soldaten gab er hohen Sold, erzeigte
ihnen vielfache Vergünstigungen und stiftete
gern einträgliche Heiraten für sie. Der treueste
Gehilfe des Königs in militärischen Dingen
war der Fürst Leopold von Dessau, „der
alte Dessauer" genannt. Er führte eiserne
Ladestöcke statt der hölzernen, den Gleichschritt,
das gleichzeitige Feuern und das Bajonett ein.
Doch ehe es so weit kam, daß auf ein Kom-
mandowort die ganze Schar wie ein Mann
^erzierte, lud und schoß, setzte es weidliche 2(2. £t lb „0„ v-tzau, W.
Puffe und Schlage mit dem Korporalstocke;
denn die Zucht war eisern streng. Die grausamste Strafe war das
Spießrutenlaufen. Mehrere hundert Soldaten bildeten eine Gasse,
durch welche der Sträfling, bis zum Gürtel entblößt, mit gebundenen
Armen zwei- bis dreimal gehen mußte, wobei ihm jeder Soldat einen
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