1899 -
Gera
: Hofmann
- Autor: Polack, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittlere Mädchenschule, Höhere Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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von Braunschweig-Bevern, einer Nichte des Kaisers. Er hat die auf-
gedrungene Gattin zwar stets geehrt, aber nie geliebt. Sie war eine
Heldin im stillen Dulden und im Wohlthun und eine begeisterte Ver-
ehrerin ihres großen Gatten. Ihr Schwiegervater nennt sie „nicht häß-
lich und nicht schön", bescheiden und eingezogen, „wie Frauen sein müssen",
gottesfürchtig und verträglich. Friedrich selbst äußerte einem Ver-
trauten gegenüber: „Ich habe sie nie geliebt, aber ich müßte der schlechteste
Mensch ans der Welt sein, wenn ich sie nicht wahrhaft Hochhalten wollte;
denn sie ist von sanftem Gemüt, so gelehrig, wie man nur wünschen
kann, und bis zum Überfluß gefällig und nachgiebig, indem sie mir
schon von weitem mit dem zuvorkommt, was mir Freude bereiten kann."
Der König schenkte ihm das Schloß Rheinsberg bei Ruppin,
wo er im Kreise heiterer Freunde ein genußreiches Leben führte. Er
musizierte, versenkte sich in die Werke der Dichter, versuchte sich selber
als Schriftsteller, knüpfte mit berühmten Männern der Wissenschaft und
Kunst Verbindungen an und studierte die Kriegs- und Staatswissenschaft.
Mehrere Schriften aus jener Zeit bekunden die tiefe Einsicht Friedrichs
in politische Fragen und in die Pflichten eines Regenten. Nachstehende
Worte daraus sind die Grundsätze für seine Regierung geblieben: „Die
Fürsten sind einzig dazu eingesetzt, daß sie für die öffentliche Wohlfahrt
sorgen. — Der Fürst ist daher nicht der unumschränkte Herr, sondern
nur der erste Diener des Staates. — Der Fürst soll das Glück des
Volkes, das Volk der Ruhm des Fürsten sein. — Ein redlicher Fürst
ist wie ein Vormund; er ist nur der Verwalter des öffentlichen Ver-
mögens und hat seinen Unterthanen Rechenschaft darüber abzulegen."
— Immer mehr lernte der König den Wert seines Sohnes schätzen, und
immer besser wurde das Verhältnis zwischen Vater und Sohn. Auf
seinem Totenbette umarmte er den Kronprinzen mit Thränen in den
Augen und rief: „Mein Gott, ich sterbe zufrieden, da ich einen so
würdigen Sohn und Nachfolger hinterlasse!"
1740 4. Wie Friedrich im ersten schlesischen Kriege (1740—1742)
Schlesien eroberte. Mit 28 Jahren bestieg Friedrich den Thron seines
Vaters. „Für den Ruhm und das Vaterland!" war sein Wahl-
spruch. Seine ersten Regierungshandlungen waren Wohlthaten. Er
schaffte die Folter ab, ließ den Armen Getreide aus den königlichen
Magazinen billig verkaufen und löste die Truppe der „langen Kerls"
auf. Im Jahre 1740 starb auch Kaiser Karl Vi., der die öster-
reichischen Lande ungeteilt aus seine Tochter Maria Theresia vererben
wollte. Der Kurfürst Karl Albert von Bayern meinte aber nähere
Ansprüche zu haben und rückte in Böhmen und Österreich ein, wobei
ihn die Franzosen unterstützten. Da glaubte Friedrich den Zeitpunkt
gekommen, das von Joachim Ii. durch einen Erbvertrag erworbene
Recht auf Liegnitz, Brieg, Wohlan und Jägerndorf zur Geltung .
zu bringen. Plötzlich ließ er im Winter ein Heer von 28 000 Mann
über die Grenze in Schlesien einrücken und nahm den größten Teil des
wehrlosen Landes ein. „Ich bin über den Rubikon gegangen," schrieb
er damals. „Ich will untergehen oder Ehre von dieser Unternehmung