1899 -
Gera
: Hofmann
- Autor: Polack, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittlere Mädchenschule, Höhere Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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den Staatsmagazinen und Kavalleriepferde zu Ackergäulen. In die ent-
völkerten östlichen Provinzen zog er Ansiedler ans andern Ländern
„ohne Ansehen der Religion oder Nation". Im ganzen sind gegen
300000 Menschen eingewandert und an 300 Dörfer neu aufgebant
worden. Sie erhielten Bauplätze mit Hof und Garten, Vorschüsse zu
niedrigen Zinsen, längere Befreiung von Steuern und Lasten und un-
entgeltlich Bürger- und Meisterrecht. Die Holländer mußten sich mit
der Viehzucht, die Pfälzer mit Obst- und Gartenbau, die Italiener
mit Seidenbau befassen. Der Kartoffelbau wurde eingebürgert, hier
und da durch Zwang, weil die Bauern mit den fremden Knollen nichts
anzufangen wußten. Klee und Lupinen wurden (auf Sandboden) an-
gebaut und zur Verbesserung der Schafzucht das spanische Edelschaf
eingeführt. Gegen die Beschädigung der Felder durch Wild erließ er
scharfe Verordnungen. Den Amtleuten und den Gutsherrschaften befahl
er, die Bauern menschlicher zu behandeln und wöchentlich nur 3 Tage
Hof- und Frondienste zu beanspruchen. Durch Kornmagazine, die in
reichen Jahren billig gefüllt wurden, und durch das Verbot der Getreide-
ausfuhr in teuern Jahren beugte er einer Hungersnot vor. Das Oder-,
Warthe-, Netzebruch und andere Sumpfgegenden ließ er trocken
legen und in blühende Felder und Wiesen umwandeln. „Da habe ich
mitten im Frieden eine Provinz gewonnen!" rief er voll Freude.
ä) Den Gewerbfleiß regte er an. Wie den Landbau, so
förderte er die Gewerbthätigkeit, indem er die schon bestehenden Gewerbe
verbesserte und neue einzuführen bestrebt war. Wie sein Vater munterte
er Unternehmungslustige zur Anlegung von Fabriken auf und steuerte
selbst Geld dazu bei. So kamen zu den alten viele neue Eisen- und
Stahlfabriken, Wollspinnereien (in den märkischen Dörfern) und Tuch-
fabriken. Es entstanden Papierfabriken, Zuckersiedereien, Porzellan- und
Seidenfabriken, Baumwoll- und Leinwandwebereien (in Schlesien). Zum
Schutz der inländischen Industrie ließ er die Erzeugnisse fremder Länder
bei ihrer Einführung in Preußen hoch besteuern (Schutzzölle). Die von
ihm gestiftete Bank sowie die Seehandlungsgesellschaft sollte Kauf-
leuten und Gewerbetreibenden gegen mäßige Zinsen Geldvorschüsse zu
ihren Unternehmungen, auch in fremden Ländern, gewähren. Den
Handel suchte er durch verbesserte Wege, durch Kanäle und Häfen zu
heben. Der Plauensche, Finow- und Bromberger Kanal und der
Seehafen Swinemünde sind sein Werk. Überall war sein scharfes
Auge und seine helfende Hand.
a) Die Rechtspflege gestaltete er einfach und parteilos.
Besonderes Lob verdient seine Rechtspflege. Carmer und andere
Rechtsgelehrte arbeiteten das „Allgemeine Landrecht" aus, das 1794 in
Kraft trat. Parteilichkeit der Richter bestrafte er unbarmherzig mit
Absetzung. An sie erging der Befehl: „Die Richter müssen wissen, daß
der geringste Bauer, ja der Bettler ebensowohl ein Mensch ist wie
Seine Majestät, und daß ihm alles Recht widerfahren muß, indem vor
dem Gesetz alle Leute gleich sind. Ungerechte Richter sind schlimmer
und gefährlicher als eine Diebesbande!" Für jedermann sollte ohne