1899 -
Gera
: Hofmann
- Autor: Polack, Friedrich
- Auflagennummer (WdK): 17
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Töchterschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mädchenschule
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Mittlere Mädchenschule, Höhere Mädchenschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Mädchen
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verminderte die Staatsschulden und brachte Ordnung in die Finanzen,
stellte allerlei Mißbräuche ab, wie z. B. die Hexenprozesse, beseitigte
die Tortur und die grausamen Todesstrafen, erleichterte die Leibeigen-
schaft und die harten Frondienste der Bauern, verbesserte die Armee
durch Daun, hob den Volksunterricht, gründete Erziehungs- und Wohl-
thätigkeitsanstalten und förderte Handel und Gewerbe durch Wege und
Kanäle, durch Verbesserung der Schiffahrt und des Postwesens sowie Grün-
dung von Baumwollen-, Seiden- und Porzellanfabriken. So fromm sie war,
wehrte sie doch den Übergriffen der Geistlichkeit und stellte allerlei kirchliche
Mißbräuche ab. Doch unterdrückte und verfolgte sie Juden wie Pro-
testanten und achtete Künstler wie Gelehrte gering. Ihrem Gemahl war
sie eine treue, liebevolle Gattin, ihren
zahlreichen Kindern eine zärtliche, sorgsame
Mutter, ihrem Hause eine schlichte, um-
sichtige Hausfrau. Ihr Leben war dem
Lande ein Muster, ihre Regierung eine
Wohlthat. Sie ist die Gründerin des
österreichischen Gesamtstaates. — Ihr
edler Sohn Joseph Ii. (1780—1790),
einer der menschenfreundlichsten Fürsten,
eiferte Friedrich Ii. als seinem bewunderten
Vorbilde nach. Seine Völker zu beglücken,
war sein höchstes Streben. Die Leib-
eigenschaft hob er auf; allen Religions-
parteien gab er gleiche Rechte; die Volks- 223. Joseph H.
bildung förderte und die Zahl der Klöster Nach dem Gemälde von Kymu.
beschränkte er. Aber seine Völker waren nicht reif für sein Streben. Dazu
verfuhr er allzu hastig und that oft den zweiten Schritt, ehe er den ersten
gethan hatte. Zu seinem Schmerz sah er am Ende seines Lebens einen Teil
seiner Unterthanen in offener Auflehnung gegen sich und mußte manche von
seinen Verordnungen wieder zurücknehmen. Im bayrischen Erbfolge-
kriege gewann er das Jnnviertel zwischen Donau, Inn und Salzach.
Gegen Österreichs Übergriffe brachte Friedrich den „Fürstenbund" zustande.
11. Wie der große König aus dem Leben schied am 17. August
1786. Immer freudloser wurde das Alter des großen Königs. Seine
liebsten Freunde hatte der Tod abgerufen, und die Schmerzen und
Leiden des Körpers mehrten sich. Mit den Qualen der Gicht verbanden
sich die Beängstigungen der Wassersucht. Aber in der Arbeit und Sorge
für sein Land und Volk erlahmte er nicht. Er sagte: „Mein Leben ist
auf der Neige; die Zeit, die ich noch habe, muß ich benutzen; sie gehört
nicht mir, sondern dem Staate." Und früher einmal: „Hätt' ich mehr
als ein Leben, ich wollte es für mein Vaterland hingeben!" Endlich,
am 17. August 1786, verließ in Sanssouci der hohe Geist seine 1786
irdische Hülle, die in der Garnisonkirche in Potsdam begraben wurde.
Sein Tod bewegte ganz Europa. Ein schwäbischer Bauer soll bei der
Nachricht ausgerufen haben: „Wer wird nun die Welt regieren!" Das
war die allgemeine Volksstimmung.