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1. Länder-, Verfassungs- und Kulturgeschichte - S. 85

1904 - Berlin : Nicolai
85 War das Schulzenamt mit der Gerichtsbarkeit und der Polizeigewalt in die Hände Privater gekommen, so bildeten diese auch die Obrigkeit des Ortes. Die Markgrafen verloren solche Dörfer ganz aus dem Auge; die Bauern waren nicht mehr ihre unmittelbaren Untertanen, sondern in erster Linie galten sie als Untertanen der „Dorfherrschaft", die meist Adligen gehörte. Drangsale des Bauernstandes. Damit begannen schwere Belästigungen der Bauern. Als der Adel nach Anwendung des Pulvers im Kriege nur beschränkte Verwendung fand, warf er sich auf den Landbau und bewirtschaftete sein Lehnsgut selbst. Da es aber einen ländlichen Arbeiterstand noch nicht gab, so verwandte er die Dienste der Bauern zur Bearbeitung seines Gutes. Anfangs waren es nur wenige Tage des Jahres, die der Bauer für den Herrn unentgeltlich arbeiten mußte; das war keine drückende Last, aber diese Tage wurden willkürlich vermehrt. Namentlich zur Erntezeit hatten die Bauern eines Dorfes erst das Getreide des Herrn einzubringen, ehe sie die Hand an das ihre legen durften. Bei so billigen Arbeitskräften suchten viele Herren ihren Besitz an Acker zu vermehren, und nun kam eine neue Bedrängnis für die Bauern. Die Markgrafen hatten sich immer als Obereigentümer des Grund und Bodens angesehen, und dieses Recht, so behaupteten die Herren, sei nun auf sie übergegangen, die Bauern seien gar nicht Eigentümer des Bodens, sondern hätten diesen nur zum Nießbrauch im Besitz. Daher leiteten sie das Recht her, Bauernhöfe auszukaufen (zu legen) und den Acker ihrem Gute zuzuschlagen. Auf diese Weise verschwanden viele Bauernhöfe, in manchen Dörfern fand man keine mehr. Manche Bauern gingen auch freiwillig davon, um in den Städten Arbeit und Freiheit zu suchen. Das geschah besonders im Dreißigjährigen Kriege, da wurden ganze Dörfer öde. Das Schlimmste aber, was die Bauern traf, war, daß man sie ihrer Freiheit beraubte. Man erklärte sie für leibeigen, d. h. sie sollten mit ihrem Leibe zu dem Gute gehören. Man nahm ihnen, wie ihren Kindern, die Freizügigkeit, d. H. das Recht, ohne Genehmigung der Herren den Ort zu verlassen. Manche Dörfer wandten sich mit ihren Beschwerden an den Markgrafen, so die aus dem Lande Friesack. Da kam ein Vergleich zustande, nach dem die Bauern sich verpflichteten, im Sommer wöchentlich drei, im Winter zwei Tage mit Gespann oder mit der Hand auf dem Hofe zu dienen.
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