Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Charakterbilder aus der Geschichte der alten und beginnenden neuen Zeit - S. 100

1909 - Regensburg : Manz
100 Die homerische Dichtung. Knigtum. Priester. Zeus; er ist mit ihm geistig Eins, das Vorbild eines freien Gehorsams und erhabener Ge-sinnung; er strahlt in seiner Reinheit unter den Gttern hervor, wie Hektor unter den Menschen, und beide zusammen geben Zeugnis fr die hhere Stufe geistiger Entwicklung, welche die Staaten und Völker der Ostseite erreicht hatten, als der Kampf mit dem Westen entbrannte. Zu der Zeit, als die Zge der heroischen Götter- und Menschenwelt im Siede gesammelt und zu einem groen Gemlde vereinigt wurden, war diese Welt eine lngst vergangene und andere Lebensordnungen waren an ihre Stelle getreten in der Heimat sowohl, in welcher die Enkel der homerischen Helden den nordischen Bergvlkern den Platz hatten rumen mssen, wie in den neu gewonnenen Sitzen, wo infolge der allgemeinen Umwlzungen und Wanderungen die Erben achifcher Frstenmacht Stellungen, wie sie ihre Ahnen in der Heimat besessen hatten, nicht wieder gewinnen konnten. Wenn nun dennoch das homerische Weltgemlde eine solche innere Harmonie besitzt, da jener Gegensatz nicht strend einwirkt, so liegt der Grund in der hohen Begabung jener Stmme, welche die Erinnerungen der Vergangenheit festzuhalten und zu gestalten wuten. Sie hatten in ausgezeichnetem Grade das Vorrecht poetischer Naturen, die Unheimlichkeit der Gegenwart in der idealisierenden Anschauung der Vergangenheit zu vergessen und den Genu derselben sich durch keinen Miton verleiden zu lassen. Dennoch geht auch durch die homerische Dichtung ein Zug der Wehmut, ein schmerzliches Bewutsein, da es schlechter in der Welt geworden sei und da die Menschen, wie sie jetzt sind, hinter den vorangegangenen Geschlechtern an Kraft und Tchtigkeit zurckstehen. Es ist aber bei dieser allgemeinen Stimmung nicht geblieben, sondern unwillkrlich sind auch Zge der Gegenwart in das Bild der Vergangenheit eingedrungen und bezeugen, da jene Verhltnisse, welche das Wesen des heroischen Zeitalters ausmachen, zur Zeit des Sngers nicht mehr in Kraft bestanden. 5. Das Knigtum ist der Mittelpunkt der Welt und im Felde mute seine Macht eine gesteigerte und unbedingte sein. Aber der homerische Agamemnon entspricht nicht dem Bilde heroischer Frstengre, wie es angesichts der Denkmler von Myken uns entgegentritt und sich durch die berlieferung vom gottentsprossenen Wesen und gotthnlichen Walten der alten Herrscher uns einprgt. Im troischen Lager finden wir einen in zahllosen Verlegenheiten befangenen, in seinen Mitteln beschrnkten, unschlssigen und unselbstndigen Fürsten, dessen Wollen und Knnen weit auseinanderliegt; er macht mehr Ansprche auf Macht, als er Macht besitzt, und mu allerlei Mittel und Wege ersinnen, um sich Zustimmung zu ver-schaffen. Von diesem Agamemnon, welcher aller Orten auf Widerstand und Ungehorsam stt, ist schwer zu begreifen, wie er imstande gewesen sei, das bunte Heergefolge unter seinem Banner zu vereinigen. Die Zentralmacht der heroischen Welt ist erschttert; es hat sich neben der kniglichen Gewalt eine andere Macht erhoben, die Macht des Adels, dessen schon der König beim Regieren und Richten nicht mehr entbehren kann, und gerade jener Ausspruch, welchen man seif alten Zeiten fr die anerkannte Geltung des heroischen Knigtums anfhrt: Niemals frommt Vielherrschaft dem Volk; ein einziger herrsche; Er sei König allein; ihm gab dies Amt der Kronide," zeugt deutlich genug vom Standpunkte politischer Reflexion und gibt zu erkennen, da man schon die belstnde einer vielkpfigen Adelsherrschaft gekostet habe, wie sie auf Jthaka int vollsten Mae sich zeigen. Auch die Priester, namentlich die weissagenden, treten dem Knigtum gegenber. Endlich
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer