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1. Charakterbilder aus der Geschichte der alten und beginnenden neuen Zeit - S. 345

1909 - Regensburg : Manz
Imperium. Konsulat. Die tribunizische Gewalt. 345 ganzen Reiche smtliche Truppen ohne Unterschied des Standquartiers und ihrer sonstigen Stellung dem Prinzeps den Feldherrneid leisten und ihm als ihrem eigentlichen Oberfeld-Herrn gehorchen, ist der Fundamentalsatz des Prinzipats. Daher sind die Aushebung im ge-samten Reichsgebiete, die Offiziersernennung, die militrische Rangordnung und Dekoration, der Abschied vom Heere kaiserliche Rechte. Die Hauptstadt Rom mit ihrem erweiterten Stadtgebiete, d. h. mit Italien bis zu den Alpen, ist auch in der Kaiserzeit von der pro-konsularischen Gewalt ausgenommen; demgem durfte auch den Truppen das Standquartier nur auerhalb Italiens angewiesen werden. Aber man konnte doch nicht umhin, den Prin-zeps von dem Gesetze zu entbinden, da dem Prokonsnl die Ausbung seines Imperiums nur dann gestattet sei, wenn er sich innerhalb seines Sprengels befinde, und da mit dem berschreiten des stdtischen Pomeriums das Imperium von Rechts wegen aufhre. Da nun die zur persnlichen Bedeckung zugeteilte Mannschaft dort sein mu, wo der Feldherr sich befindet, so wurde dieser der Standort bei oder in Rom angewiesen. Auerdem muten auch fr gewisse polizeiliche Zwecke militrisch organisierte Mannschaften in der Hauptstadt stationiert sein. Allein trotz dieser Ausnahme waren doch Rom und Italien der militrischen Macht nicht unterworfen und durften verfassungsgem wenigstens keine Legionen dort stehen. 8. Damit nicht blo die Macht-, sondern auch die Rechtsstellung des neuen Herrschers hinlnglich begrndet wurde, bedurfte es der festen Verknpfung einer der obersten Magi-straturen mit dem Imperium. Augustus bediente sich hierfr zunchst des Konsulats. Aber schon im Jahre 23 legte er dieses nieder, wahrscheinlich weil die mit dem Konsulat engverwachsenen Prinzipien der Annuitt oder jhrigen Fristung und der Kollegialitt, wo--nach kein Magistrat, um einen Befehl zu erlassen, gehalten ist, vorher den Kollegen zu be-fragen und jedes magistratische Dekret volle Wirksamkeit hat, auch wenn nur ein einzelner Magistrat es erlt, sich mit dem Prinzipat nicht vertrugen. Die konsularische Gewalt, und zwar die urspngliche, welche noch die zensorischen Befugnisse einschlo, hat er spterhin wieder aufgenommen, so oft er den Zensus veranstaltete, als festen Bestandteil seines Prinzipats aber auch sie nicht gefhrt. Die tribunizische Gewalt dagegen, welche im Jahre 36 dem Sohne und Erben des sakrosankten Diktators Csar auf Lebenszeit verliehen und von ihm angenommen worden war, behielt Augustus nicht blo, als er das Konsulat abgab, sondern er erstreckte auf die-selbe jetzt auch die bis dahin nicht auf sie angewendete Annuitt und in dieser Gestalt ist die tribunizische Gewalt als die hchste mit dem Prinzipat notwendig verknpfte brgerliche Magistratur der volle Ausdruck der kaiserlichen Rechte geworden und geblieben. Nicht Volks-tribun war der Prinzeps, sondern er bernahm die tribunizische Gewalt. Damit fiel von selber die bei dem Konsulat so hinderliche Kollegialitt; die Volkstribunen sind keineswegs collegae des Inhabers der tribuuizischen Gewalt. Die Perpetuitt haftete an dieser Stel-lung schon von Csars Zeiten her und es war leicht, damit die Annuitt zu verbinden. Endlich war das Volkstribunat das alte Palladium der Demokratie, aus welcher der Prin-zipat geboren war, die heiligste von allen Magistraturen, ausgestattet mit einem besondern Gtterschutze, einem fast schrankenlosen Verbietuugsrecht gegenber der gesamten Magistratur und einer ebenso schrankenlosen und gerade in ihrer Unbestimmtheit uerst brauchbaren Ge-walt, jeden Unterdrckten zu schtzen. bertragen wurde die tribunizische Gewalt sowohl Augustus als auch seinen Nachfolgern, indem nach Beschlu des Senats ein Magistrat, wahrscheinlich einer der fungierenden Konsuln, die Rogation an die Komitien und zwar, wie es scheint, an die Centuriatkomitien brachte und diese darber abstimmten, so da also bei dem Akte Senat und Brgerschaft mitwirkten. Von der Gewalt des gewhnlichen Volks-
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