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1. Zeit- und Lebensbilder aus der deutschen und preußischen Geschichte - S. 78

1911 - Dresden : Huhle
— 78 — kann kein neues Gesetz gegeben und kein bestehendes aufgehoben oder abgeändert und können keine Steuern erhoben werden. Hingegen gelten ihre Beschlüsse auch nicht, wenn sie der König verwirft. Ja, er kann die Zweite Kammer sogar auflösen und das Volk auffordern, neue Vertreter zu wählen. Die Erste Kammer heißt das Herrenhaus und kann niemals ausgelöst, sondern nur vertagt werden. Das Herrenhaus besteht aus den großjährigen königlichen Prinzen, die der König dazu berufen hat, sowie aus ehemals reichsunmittelbaren Fürsten, Grafen und Herren. Außerdem beruft der König noch solche Männer, die sein besonderes Vertrauen genießen, auf Lebenszeit in das Herrenhaus. Weiter senden der Adel, die Universitäten und 44 größere Städte Vertreter. Im ganzen umfaßt es gegen 270 Mitglieder aus den höchsten Ständen. Die Zweite Kammer heißt das Abgeordnetenhaus und besteht jetzt aus 443 Abgeordneten, welche auf fünf Jahre gewählt werden. Die Abgeordneten vertreten das ganze Volk, nicht bloß einzelne Städte; sie sind darum Volksvertreter, nicht Ständevertreter. Jeder unbescholtene Preuße, der sein 24. Lebensjahr vollendet hat, im Vollbesitz seiner bürgerlichen Rechte ist und keine Armenunterstützung bezieht, wird als Urwähler in die Wählerliste eingetragen. Die Urwähler werden nach den Staatssteuern, die sie entrichten, in drei Klassen geteilt. Jede Abteilung wählt besonders ihre eigenen Wahlmänner. Die wählen dann die Abgeordneten öffentlich. Zum Abgeordneten kann jeder unbescholtene Preuße gewählt werden, der das •30. Lebensjahr vollendet hat. Die Abgeordneten erhalten aus der Staatskasse Reisekosten und Tagegelder. Die Sitzungen beider Häuser sind öffentlich. Die Mitglieder stimmen nach ihrer freien Überzeugung und können für ihre Abstimmung nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Beschlußfähig ist das Haus, wenn die Mehrheit anwesend ist. c) Die Rechte der Preußen sind ebenfalls genau geregelt. Alle Preußen sind vor dem Gesetze gleich. Standesvorrechte gibt es nicht mehr. Die persönliche Freiheit ist gewährleistet, so daß jemand nur nach Maßgabe der Gesetze verhaftet werden kann. Die Wohnung ist unverletzlich, jo daß die Polizei nicht willkürlich in sie eindringen kann. Das Eigentum ist unverletzlich, so daß es nicht ohne richterliches Erkenntnis weggenommen werden darf. Die Glaubens- und Gewissensfreiheit wird gewährleistet. Jeder Preuße hat das Recht, durch Wort, Schrift und Druck seine Meinung frei zu äußern. Das Briefgeheimnis ist unverletzlich. Jeder Preuße hat Anspruch auf die Bildung, welche die Volksschule gewährt. Jeder Preuße ist wehrpflichtig. d) Die vollziehende Gewalt steht dem König allein zu. Die Verwaltungsbehörden sind teils Staats-, teils Gemeindebehörden. Die oberste Staatsbehörde ist das Staatsministerium. Es besteht aus folgenden Abteilungen: Das Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten leitet die Gesandtschaften und nimmt überhaupt alles wahr, was Preußens Stellung Zu den andern Staaten anbetrifft. Das Finanzministerium verwaltet die Einnahmen und Ausgaben des Staates und stellt den Haushaltplan des Staates zusammen. Das Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Ängelegenheiten leitet das Kirchen-, Schul- und Gesundheitswesen.
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