1901 -
Leipzig
: Hofmann
- Autor: Polack, Friedrich
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 105
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schultypen (WdK): Bürgerschule, Volksschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
A. Milder aus der asten Geschichte.
1. Ägypten.
1. Das Land Ägypten liegt im nordöstlichen Afrika und umfaßt das lange, schmale Thal des Nilflusses. Im Osten und Westen wird es von kahlen Bergen und Sandwüsten eingeschlossen. Das Land ist ein Geschenk des Nil, denn ohne ihn würde es ein Teil der großen Wüste sein. Vom August bis Oktober überschwemmt der Strom das ganze Thal, so daß die Anhöhen mit Dörfern und Städten wie Inseln aus dem Wasser ragen. Wenn das Wasser wieder in seine Ufer zurücktritt, hinterläßt es auf dem Lande einen fetten, rötlichen Schlamm, in dem das Getreide rasch und üppig wächst. Ägypten war darum die Kornkammer des Morgenlandes.
_ 2. Das Volk bestand aus Kasten oder abgeschlossenen Ständen. Die Priester waren reich und gebildet, gingen in weißen Leinengewändern und mit geschorenen Häuptern und hatten die größte Macht. Die Krieger waren die Beschützer des Landes und wählten aus ihrer Mitte den König oder Pharao. Die Ackerbauer waren meist Pächter der Priester und Krieger. Zu den Gewerbetreibenden gehörten Künstler, Kaufleute und Handwerker. Der Sohn mußte immer das Gewerbe des Vaters betreiben. Die Schiffer befuhren den Nil, um Fische zu fangen und Waren zu befördern. Die Dolmetscher vermittelten den Verkehr mit den Ausländern. Die Schweinehirten galten für unrein und durften keine Tempel betreten.
3. Die Religion war eine Vergötterung der Naturkräfte. Osiris*) war der belebende Sonnengott, Isis die Göttin der Erdsruchtbarkeit. Ein Sinnbild des Gottes Osiris war der Stier Apis. Er war schwarz, mit einem weißen Dreieck auf der Stirn. Starb er, so herrschte große Trauer, weil Osiris zürnte; wurde ein neuer gefunden, so jubelte man im ganzen Lande. Den Göttern waren nützliche und schädliche Tiere geweiht, z. B. der Ibis, das Ichneumon, das Krokodil und die Katze. Letztere mußte aus einem brennenden Hause früher als die Menschen gerettet werden. Die -Ägypter glaubten, daß die abgeschiedenen Seelen in allerlei Tierleibern wohnen müßten, um endlich nach 3000 Jahren geläutert in den Menschenleib zurückzukehren. Dieser Glaube an eine Seelenwanderung trieb sie zur sorgfältigen Erhaltung der Leichen an. Dieselben wurden einbalsamiert, d. h. mit balsamischen Harzen getränkt, mit bemalten Binden umwickelt und in Totenkammern beigesetzt, wo sie zu Mumien versteinerten.
4. Die Baudenkmäler der alten Ägypter sind großartig. Staunen erregen noch heute die Ruinen der Tempel und Paläste von dem hundert-thorigen Theben in Ober-Ägypten. Vor den Tempeln standen wie Schildwachen die Obelisken, d. H. hohe, vierseitige Spitzsäulen aus einem Fels-block, und die Sphinxe, das sind riesenhafte Steinbilder mit einem Löwen-leibe und einem Menschenkopfe. Die Pyramiden waren ungeheure Toten-Häuser der Könige aus Kalk- oder Backsteinen. Die größte, nicht weit von Kairo, ist noch 140 m hoch, obwohl der obere Teil fehlt. Das Labyrinth hatte 1500 Zimmer unter und 1500 über der Erde.
5. Die Bildung der alten Ägypter war frühzeitig eine hohe. Aus Byssus oder Baumwolle fertigten sie köstliche Gewebe, aus den Häuten der Papyrus-
*) Die Silbe mit fettgedrucktem Selbstlaut wird betont. Ist kein Selbstlaut hervorgehoben, so liegt der Hauptton auf der ersten Silbe.