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1. Deutsche Geschichte für Schule und Haus - S. 167

1898 - Hannover [u.a.] : Carl Meyer (Gustav Prior)
— 167 — widerstrebenden Reichstage und mahnte wehmütig: „Ich werbe mcht oft mehr zu Ihnen sprechen. Ich bin matt, aber tch lege Anen ans Herz, feien Sie einig." Manchmal würde er lieber Feierabend gemacht als noch weiter gearbeitet haben, aber er hatte es feinem alten Herrn gelobt, ihm bienen zu wollen bis an fern Lebens-enbe, nnb so lange biefer noch feine Zeit fanb, müde zu fein, durfte auch er die Hände nicht in den Schoß legen. Wie ein Wachter stand er darum stets auf der Zinne der neuen deutschen Burg und hatte ein scharfes Auge auf alles, was drinnen im Reiche und außen um dasselbe vorging. Und als uns einst neidische Nachbarn durch Drohungen schrecken wollten, da sprach er, daß es weit hinaus schallte: „Wir können durch Liebe und Wohlwollen leicht bestochen werden, aber durch Drohungen ganz gewiß nicht. Wir Deutsche fürchten Gott, aber sonst nichts auf der Welt". 5 Der schwerste Tag in Bismarcks Leben war Kaiser Wilhelms Tobestag. Mit Thränen stctnb er am Totenbette, mit zitternder Stimme verkünbete er dem Reichstage des Kaisers Heimgang und mahnte aufs neue: „Die Liebe zum Ssaterlanbe, die in unserm bahingefchiebenen Herrn verkörpert war, möge sie ein unzerstörbares Erbteil unserer Nation fein!" Mit banger Erwartung harrten alle Deutschen der Dinge, die ba kommen sollten. Da schrieb Kaiser Friedrich an Bismarck: „Mein lieber Fürst! Bei meinem Regierungsantritte ist es mir ein Bebürfnis, mich an Sie, den langjährigen, vielbewährten Diener meines in Gott ruhenden Herrn Katers zu wenben. Sie ftnb der treue und mutvolle Ratgeber gewesen, der den Zielen feiner Politik die Form gegeben und bereu erfolgreiche Ausführung gesichert hat. Ihnen bin ich und bleibt mein Haus zu warmem Danke verpflichtet." Alle ängstlichen Gemüter waren beruhigt. Und als brei Monate später Wilhelm Ii. den Thron feiner Väter bestieg, ba bat auch er den großen Kanzler recht aufrichtig und innig, ihm treu zur Seite zu stehen, und Bismarck gab die Versicherung, bis zum letzten Atemzüge nicht von des Kaisers Seite weichen zu wollen. So war Hoffnung, daß trotz allen Wechsels der alte Kurs doch beibehalten werden würde. Es sollte anders kommen. Zwei Jahre später hatten sich die Dinge schon so geändert, daß der Kaiser eines Tages Bismarcks Entlasiungsgefuch erwartete. Bismarck hielt es für eine Gewissenlosigkeit, fahnenflüchtig zu werden, und der Kaiser klagte: „Mir ist so weh, als hätte ich noch einmal meinen Großvater verloren. Aber von Gott Bestimmtes ist zu ertragen, auch wenn man barüber zu Grunbe gehen sollte." Das Schicksal ging feinen Gang; Bismarck verließ Berlin nnb das ihm lieb geworbene Amt und weilt feitbem einsam zu Friedrichsruh im Sachfenwalbe. So lange es bankbare Deutsche giebt, wirb er nicht vergessen werden.
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