1894 -
Halle a.S.
: H. Peter
- Autor: Schmelzer, A.
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike, Mittelalter
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Not den höchsten Grad erreicht hatte, traten zwei mutige und talentvolle Männer, die Tribunen Licinius Stolo und Lucius Sextius, mit mehreren durchgreifenden Anträgen hervor, welche ganz geeignet waren, den Leiden der Plebejer ein erwünschtes Ziel zu setzen: die schon gezahlten Zinsen für ein geliehenes Kapital sollten von diesem in Abzug gebracht und die Reste der Schuld in drei Terminen getilgt werden können; niemand sollte mehr als 500 Morgen Staatsland besitzen, alles übrige aber unter arme Plebejer verteilt werden; das Consnlat sollte wieder hergestellt werden und einer der beiden Gewählten immer ein Plebejer sein. Zehn Jahre lang bekämpften die Patricier diese Anträge aus allen Kräften, der Standhaftigkeit der Tribunen gegenüber mußten sie indes schließlich nachgeben, und Lucius 367 Sextius war der erste Plebejer, der die Würde eines Consuls bekleidete.
Mit der teilweisen Freigebung des Consnlats war der letzte entscheidende Schritt zur Gleichstellung der beiden Stände gethan. Einige Staatsämter blieben allerdings noch immer einzig den Patriciern zugänglich, doch wurde auch zu ihnen der Zutritt den Plebejern nach und nach eröffnet. Zunächst geschah dies mit der Dictatur, dann mit den ziemlich einflußreichen Ämtern der Prätoren und Censoren, deren Befugnisse während der vorhergegangenen Parteikämpfe von der Consulargewalt abgetrennt worden waren. Die Prätoren hatten die öffentliche Rechtspflege zu leiten und die Richter zu ernennen, die Censoren aber die Verzeichnisse der römischen Bürger nach Stand und Vermögen aufzustellen sowie die Steuern und Abgaben zu bestimmen, womit sie später noch eine gewisse sittenrichterliche Aufsicht verbanden, indem sie Vergehen gegen „Ziemlichst" und allgemeines Wohl mit Entziehung der staatsbürgerlichen und Standesrechte bestrafen konnten. Am längsten behaupteten sich die Patricier im Alleinbesitz der Priesterwürden, bis die Bekleidung derselben den Plebejern ebenfalls gestattet und damit 300 die völlige Gleichstellung der beiden Bevölkerungsklassen zum Heil des römischen Staatswesens durchgeführt wurde.
§ 24. Unterwerfung Italiens. Der Zwiespalt im Innern schwächte lange Zeit auch Roms Macht nach außen, und die benachbarten Völker, vor allen die Äqner, Volsker und etruskischen Vejenter, rissen von dem Gebiete der Republik ein Stück nach dem andern an sich und drangen nicht selten bis unter die Mauern der Hauptstadt vor. Erst als die Plebejer immer mehr Rechte erhielten und sich mit größerer Hingabe an den Kämpfen für das Vaterland beteiligten, erfochten die römischen Heere wieder Sieg auf Sieg und flößten ihren Feinden aufs neue Furcht und Achtung ein. Nachdem sie die Äqner und
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