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1. Teil 1 - S. 85

1886 - Hannover : Helwing
Der trojanische Krieg. 85 bald verzehrte die Flamme den Leichnam. Die Asche wurde neben der des Patroklus versenkt, und Leichenspiele beschlossen die feierliche Handlung. Nachdem die Griechen zehn Jahre lang vergeblich vor Troja gekämpft hatten, ersann Odysseus eine List. Der kunstreiche Held Epöus zimmerte ein turmhohes Roß, und Menelaus, Diomedes, Odysseus, Neoptölemus, Achilles' Sohn, Philoktet, Ajax und Epeus stiegen in den hohlen Bauch des Pferdes; die übrigen Griechen aber zündeten ihr Lager an und segelten dann nach der nahen Insel T e n e d u s. Als die Trojaner den Rauch aufsteigen sahen, die Schiffe aber nicht mehr bemerkten, strömten sie jubelnd dem Ufer zu und erblickten hier das gewaltige Pferd. Während sie noch berieten, ob man das Wunderding verbrennen oder in die Stadt schaffen solle, trat Laökoon, ein Priester des Apollo, in ihre Mitte und sprach: „Was es auch sein mag, traut dem Tiere nicht!" Mit diesen Worten stieß er eine mächtige eiserne Lanze in den Bauch des Pferdes. Der Speer zitterte im Holz, und aus der Tiefe tönte ein Widerhall wie aus einer Kellerhöhle. Aber der Geist der Trojaner blieb verblendet. Da brachten trojanische Hirten einen Griechen namens S i n o n, den sie am nahen Ufer im Schilfe versteckt gefunden hatten. Sie fragten ihn, was das Pferd zu bedeuten habe. Er begann laut zu weinen und schrie: „Tötet mich lieber; aber verlangt nicht, daß ich euch dieses Geheimnis verrate." Dadurch reizte er die Neugierde der Trojaner noch mehr; endlich gab er ihren Bitten und Drohungen nach. „So hört denn, Trojaner", sprach der Arglistige, „nach dem Ausspruche der Götter wird eure Stadt unüberwindbar und Beherrscherin aller umwohnenden Völker, wenn dies Pferd in eure Stadt kommt. Daher ist es so groß gebaut, daß es nicht durch eure Thore gehe." — Die Trojaner glaubten diesem Lügengewebe, und sie wurden in diesem Glauben noch bestärkt. Von der Insel Tenedus nämlich kamen zwei ungeheure Schlangen an die Küste geschwommen. Die Trojaner wurden bleich und flohen; die Tiere aber liefen auf Laokoon zu, der mit seinen beiden Söhnen gerade vor dem Altare stand. Zuerst ringelten sie sich um die Leiber der beiden Knaben und bohrten giftige Zähne in ihr glattes Fleisch. Als die Verwundeten laut aufschrieen und der Vater ihnen mit gezogenem Schwerte zu Hülfe eilen wollte, schlangen sie sich mit mächtigen Windungen auch diesem zwiefach um den Leib. Vergebens bestrebte er sich, die Schlingen loszumachen: er erlag mit beiden Söhnen. Die Schlangen aber schlüpften unter den Altar der Artenis und verbargen sich unter der Bildsäule der Göttin. Die Trojaner sahen in diesem Ereignis eine Bestrafung des Priesters und zweifelten nicht mehr an den Worten Sinons. Freudig zogen sie das Roß vor das Stadtthor, rissen einen Teil der Mauer nieder und brachten es so in die Stadt. In diesem allgemeinen Jubel erhob sich nur eine Warnungsstimme, die der Seherin Kassandra, Priamus' Tochter; aber sie wurde verlacht. Die Trojaner überließen sich die halbe Nacht der Freude bei Schmaus und Gelage; endlich, als alle in tiefem Schlafe lagen, erhob sich Sinon, schlich sich hinaus, gab den Griechen auf den Schiffen mittelst einer brennenden Fackel das verabredete Zeichen und pochte leise an den hohlen Bauch des Rosses. Dann stiegen die Helden, einer nach dem andern aus, zogen ihre Schwerter und verbreiteten sich durch die Straßen in die Häuser der Stadt. Ein gräßliches Gemetzel entstand unter den schlaftrunkenen und berauschten Trojanern, und bald loderten die Dächer über ihren Häuptern empor. Da langten auch die Griechen von den Schiffen an, und jetzt füllte sich die Stadt erst recht mit Trümmern und Leichen. Neoptolemus
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